Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
wir sind hier, um Henning Scherf und der Großen Koalition deutlich zu machen: Jetzt reichts! Wir sind nicht die Sparschweine des Landes!
Seit Jahren folgt eine Kürzungsrunde bei den Personalausgaben der nächsten. Der Senator für Finanzen stellt fest, dass Bremen Spitze ist: Zwischen 1993 und 2003 hat der Senat mehr Personalkosten gestrichen als alle anderen Bundesländer. Na fabelhaft! Bremen hat inzwischen die geringste Personalausgabenquote aller Bundesländer. 17 % Personal wurde abgebaut. Das heißt, in zehn Jahren wurden rund 5.700 Arbeitsplätze vernichtet!
Die Folgen sind eine Verschlechterung von Leistungen und des Service für die Bevölkerung. Weitere Folgen sind wachsender Arbeitsdruck und immer schlechtere Arbeitsbedingungen. Viele Kolleginnen und Kollegen haben daher gesundheitliche Probleme.
In weiten Bereichen des öffentlichen Dienstes bedeutet der Personalabbau Einstellungsstopp über viele viele Jahre ohne Einstellungschancen für junge Leute. Unser Altersdurchschnitt liegt inzwischen über 47 Jahre.
Doch damit nicht genug: Die dramatischen Stellenstreichungen gehen weiter. Auch die Bereiche, die bisher von der PEP-Quote ausgenommen waren, sind jetzt betroffen. Das gilt u.a. für den Justizvollzug, die Feuerwehr, die LehrerInnen, die Polizei und die Kitas. Auf der einen Seite steigen die Belastungen, auf der anderen Seite greift uns der Senat auch noch in die Taschen!
Die Beamtinnen und Beamten müssen radikale Kürzungen hinnehmen. Bei Neueinstellungen und Höhergruppierungen werden Verschlechterungen wie bei den Beamtinnen und Beamten durchgezogen. Die Auszubildenden werden durch Tarifflucht um ein Drittel schlechter bezahlt!
Der Senat verlangt Sonderopfer von den Beschäftigten - er nennt das Solidarpakt. Zur Durchsetzung wurden sogar betriebsbedingte Kündigungen angedroht. Aber die Gewerkschaften machen da nicht mit, und das ist gut so!
Der Senat weigert sich, für die Angestellten den neuen Flächentarifvertrag (TVöD) mit Bund und Kommunen zu übernehmen. Und das, obwohl der Tarifvertrag von allen Seiten als sehr moderat eingeschätzt wird.
Die Arbeitgeber behandeln uns seit Jahren nur noch als Kostenfaktor - damit muss Schluss sein! Wir haben unseren Beitrag mehr als geleistet.
Wir fordern den Senat auf: Übernehmt endlich den Tarifvertrag öffentlicher Dienst auch für die Angestellten und übertragt ihn wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten!
Allen in Bremen ist längst klar: Eine Haushaltssanierung aus eigener Kraft wird es nicht geben! Also brauchen wir einen Politikwechsel. Bremen hat ein Einnahmeproblem, denn die Finanzierung der notwendigen öffentlichen Dienstleistungen ist nicht mehr gewährleistet.
Initiativen sind überfällig. Öffentliche Dienstleistungen müssen finanziert werden können durch eine gerechte Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Auch die Reichen und die Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten.
Öffentliche Dienstleistungen müssen finanziert werden können durch einen verbesserten Steuervollzug und durch einen angemessenen Länderfinanzausgleich.
Natürlich haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf, dass mit ihren Steuern sorgfältig umgegangen wird. Da erstaunt es schon, wie leichtfertig manche Investition vom Bremer Senat vergeben wurde. Das Musical lässt grüßen, und die Space-Park-Geschichte treibt immer neue Blüten.
Der Senat hat offenbar immer mehr das Interesse an der Gestaltung der Verwaltung verloren und setzt auf Privatisierungsideologien. Aber: Bei Privatisierungen sind Steuerung und demokratische Kontrolle nicht mehr gewährleistet, und die Kostenentwicklung gerät aus dem Ruder.
Öffentliche Aufgaben gehören in öffentliche Hände. Wir fordern eine kritische Überprüfung bisheriger und den Verzicht auf weitere Privatisierungen.
Auch die Fort- und Weiterbildung wird vom Senat in Frage gestellt. Dabei muss doch klar sein: Für gut geschultes Personal und eine effektive Personalentwicklung darf man die interne Fortbildung nicht aus der Hand geben. Wer auf interne Fortbildung verzichtet, gefährdet die Qualität unserer Dienstleistungen.
Statt auf das Wissen und die Erfahrungen der Beschäftigten zu setzen und ihre Motivation zu stärken, werden jetzt ihre Mitbestimmungsrechte angegriffen. Nach der Koalitionsvereinbarung 2003 wurde von der SPD als großer Erfolg verkauft, dass das Personalvertretungsgesetz nicht geändert wird. Trotzdem beschließt die Koalition im März, die Mitbestimmungsrechte einzuschränken: weniger Freistellungen und eine restriktive Auslegung des Gesetzes durch den Senat.
Mitbestimmung ist in Bremen ein durch Volksentscheid garantiertes Verfassungsrecht. Das PVG hat sich bewährt. Es garantiert die demokratischen Rechte der Beschäftigten gegen Willkürentscheidungen der Arbeitgeber.
Deshalb: Hände weg von der Mitbestimmung!
Auf der Personalrätekonferenz am 9. März 2005 wurden die Koalitionsbeschlüsse heftig kritisiert. Da hat uns Bürgermeister Scherf von seinem Kollegen Wowereit aus Berlin erzählt: Der erziele Erfolge bei den Wählerinnen und Wählern, weil er Beschäftigte gegen die Bürgerinnen und Bürger ausspielt!
Was sind das für Politiker, die sich solche Strategien ausdenken! Ich kann nicht glauben, dass das in Bremen möglich ist. Aber die Drohung war unüberhörbar! Mit uns geht das nicht, Herr Scherf!
Noch einmal: Die Beschäftigten sind nicht Schuld an der Haushaltsmisere. Die Verantwortung tragen die Politiker. Sie entscheiden über die Höhe der Einnahmen.
Gute öffentliche Dienstleistungen sind notwendig für ein soziales und lebenswertes Bremen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Aber sie haben ihren Preis!
Wir fordern eine angemessene Bezahlung, Arbeitsplatzsicherheit und gute Arbeitsbedingungen.
Und nicht zuletzt: Wir erwarten Anerkennung und Wertschätzung für unsere Arbeit
Vielen Dank.
Edmund Mevissen, Vorsitzender Gesamtpersonalrat