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Neue Signale vom Bürgermeister (2)

Böhrnsen vor Personalräten

Jens Böhrnsen will keinen erzwungenen Solidarpakt. Er bekräftigt, dass er den TVöD als einen Fortschritt ansieht, der sich sehen lassen kann und Verlässlichkeit mit sich bringt. Er plädiert dafür, dass Bremen hier nicht allein handelt, sondern mit der Tarifgemeinschaft der Länder den TVöD als Flächentarifvertrag anstrebt.
Wenn dort, ähnlich wie beim Tarifvertrag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser, eine Öffnungsklausel vereinbart würde, wolle er in Bremen mit den Gewerkschaften sprechen. „Es wird dann auf gleicher Augenhöhe verhandelt, um zu sehen, ob es Lösungen für die Probleme gibt.“ Dabei schließt er betriebsbedingte Kündigungen aus, er will keine gegenseitigen Bedrohungen.
Böhrnsen will die Bezahlungsbedingungen der Beschäftigten „zusammenbringen“. „Wir alle müssen motivieren und nicht verhakeln.“
Böhrnsen legt Wert auf die Teilhabe und die Mitbestimmung der Beschäftigten und will das Personalvertretungsgesetz nicht verändern. Er habe als unparteiischer Vorsitzender von Einigungsstellen „ganz überwiegend konstruktive Gespräche und auch konstruktive Suche nach Verständigung erlebt.
Und ich finde, so muss man weiter damit umgehen“.
Böhrnsen sieht für Bremen eine Zäsur, seit die Sanierungshilfen ausgelaufen sind und die Erwartungen an den Kanzlerbrief nicht erfüllt wurden. Jetzt müsse man „deutlich sagen, wie die Lage ist, um zu zeigen, wo wir stehen“. Er sieht die Aufgabe des Senats in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Sanierung des Haushaltes.
Es geht ihm dabei nicht nur um Einsparungen, sondern um Schwerpunkte der Politik. Sein Hauptaugenmerk gilt den Arbeitsplätzen, deren Schaffung und Sicherung große Anstrengungen erfordere. Dabei stellt er fest, dass die Investitionen nicht im bisherigen Umfang fortgesetzt werden können und Luxus nicht finanzierbar ist.
Weiterer Schwerpunkt ist die Bildung, von klein auf bis zur Hochschule. Die Tagesbetreuung soll ausgebaut und weitere Ganztagsschulen sollen eingerichtet
werden.

Im Rahmen der Schwerpunktsetzung will er dem Haushalt „Luft verschaffen“ durch Einsparungen bei den Investitionen. Im konsumtiven Bereich sei man vielfach schon auf dem Knochen angelangt. „Ich kann niemandem versprechen,
dass es leichter wird. Wir strengen uns an für eine attraktive und lebenswerte Stadt.“
Er fordert auf, mit der Selbstständigkeit Bremens nicht defensiv umzugehen.
Die Selbstständigkeit ist nicht nur Tradition und dient nicht dem Erhalt der politischen Klasse, „es hat mit uns Allen zu tun“. Die Möglichkeit, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und Gestaltungsspielräume zu nutzen, ist seine Vorstellung. Föderalismus bemisst sich nicht nach betriebswirtschaftlichen
Kriterien, sondern „große und kleine Staatsgebilde machen das Ganze aus“.

Für die Haushaltssanierung gibt es nach Böhrnsens Ansicht nur mit einem „Dreiklang“ eine Perspektive: Sich selbst anstrengen, mit Bund und Ländern über den Finanzausgleich verhandeln und vor dem Verfassungsgericht
klagen.
„Wir schaffen es nicht allein“, erklärt er und: „Wer versucht, uns gesund zu sparen, wird uns kaputt sparen. Aber wir müssen uns anstrengen, um die Solidarität von den anderen Ländern einzufordern zu können. “ Böhrnsen
will über einen neuen Länderfinanzausgleich verhandeln, der die Wirtschaftskraft Bremens berücksichtigt, „damit wir die Früchte unserer Arbeit wiederfinden“. Der Koalitionsvertrag der großen Koalition in Berlin enthält insoweit einen Lichtblick, als vereinbart worden ist, dass die Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern neu verhandelt werden soll und es „eine ausgabenadäquate Ausstattung der Haushalte geben soll“. Allerdings ist Bremen nicht allein in Not, während es 1992 zwei Haushaltsnotlageländer waren, sind es heute elf Länder und der Bund selbst. Böhrnsen prangert an, dass die öffentlichen Haushalte „ausgeblutet und unterfinanziert“ sind. Alle Gebietskörperschaften
hätten ein Einnahmenproblem, das zum großen Teil hausgemacht sei - etwa durch die Absenkung des Spitzensteuersatzes, die nun mit Einführung der Reichensteuer „wenigstens teilweise repariert wird“.
Teile der geplanten Föderalismusreform sind aus Böhrnsens Sicht nicht erstrebenswert, wie die Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz für die
Besoldung und Versorgung der Beamten. Einheitlichkeit der Gesetzgebung
ist dort ebenso wichtig wie ein Flächentarifvertrag. Wenn bundesweit keine
Einheitlichkeit erreicht werden kann, strebt er Verbundlösungen an. Er sieht
allerdings, dass in anderen Politikfeldern eine Aufgabenbereinigung zwischen
Bund und Ländern erforderlich ist, weil nach den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat häufig Gesetze
entstehen, die “väter- und mütterlos“ sind.
Böhrnsen bekräftigt, dass er einen neoliberalen Nachtwächterstaat ablehnt.
Sein Staatsverständnis ist vielmehr sozialer Ausgleich, Zusammenhalt und die Verhinderung von Ausgrenzungen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten zu Recht, dass der Staat diese Aufgaben erfüllen kann. In welcher Form dies geschehe, durch den Staat selbst oder durch privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen, dürfe nicht, wie zum Teil in der Vergangenheit, ideologisch beantwortet werden. Er wolle sich dabei an klaren Kriterien - Effizienz, Bürgernähe und der Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - orientieren. Er kündigt in diesem Zusammenhang eine kritische Prüfung des Weiterbestehens der Bildungsinfrastruktur GmbH an.
Abschließend sagte Böhrnsen, dass er sich nicht „auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes profilieren werde.“

Burkhard Winsemann