Der Andrang ist groß: An die 200 InteressenvertreterInnen des bremischen öffentlichen Dienstes sind in den Clara-Zetkin-Saal des Gewerkschaftshauses geströmt.
Edmund Mevissen begrüßt die Fraktionsspitzen der in der Bremischen Bürgerschaft vertretenen Parteien zu dieser Veranstaltung unter dem Motto „Flagge zeigen für den öffentlichen Dienst“. Der öffentliche Dienst stehe für die Zukunft der Stadt, so Mevissen. Er hebt dessen Vielfalt und Bedeutung für die Einzelnen und die Gesellschaft hervor. Er betont die gute Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger und führt allen vor Augen, dass Rotstifte keine Kinder betreuen, keine Arbeitslosen beraten und keine Feuer löschen. Gleichzeitig macht er deutlich, dass Mitbestimmung und Beteiligung der Beschäftigten wichtige Bedingungen für öffentliche Dienstleistungen sind.
Diese Veranstaltung - so Mevissen - dient dazu zu hören, „was die Politiker wollen und ihnen mitzuteilen, was unsere Auffassung ist.“
Die Themenblöcke werden immer eingeleitet durch einen Kurzfilm. Jeweils im Anschluss daran beantworten Carsten Sieling, Helmut Pflugradt und Karoline Linnert Fragen der Moderation (Doris Hülsmeier und Burckhard Radtke). Jeder Block wird abgeschlossen durch Denkanstöße für die PolitikerIn aus den Reihen der Interessenvertretungen (siehe Seite 6 und 7).
Wir dokumentieren ein paar Schlaglichter aus den Äußerungen der PolitikerIn. Um Unterschiede herauszufinden, muss man manchmal „zwischen den Zeilen“ lesen.
Karoline Linnert bringt ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass die Zustimmung zur Demokratie und zum Staat davon abhängt, wie sich der öffentliche Dienst präsentiert. Daraus leitet sie die Frage ab: „Wie kriegen wir es hin, Ihre Arbeitsbedingungen so zu machen, dass Sie freundlich, aufgeschlossen und bürgernah arbeiten können?“ Gleichzeitig verweist sie einschränkend auf den hohen Kürzungsdruck, dem der öffentliche Dienst auch künftig unterworfen sein wird.
Aus Sicht von Carsten Sieling ist der öffentliche Dienst ein zentrales Instrument, um gesellschaftliche Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu organisieren. Er stellt fest, dass es durch die anhaltenden Kürzungen „richtige Einbrüche in verschiedenen Bereichen gibt, die nicht mehr darstellbar und richtig sind“. Er glaubt, „dass wir an einer Wegscheide stehen, wo es eher zu einem Comeback des Staates und damit auch des öffentlichen Dienstes kommen wird“, und er will dafür auch alles tun.
Helmut Pflugradt betont, dass „ein guter öffentlicher Dienst die Voraussetzung für eine optimale Politik ist“, und deswegen füllt der öffentliche Dienst für ihn eine notwendige und wichtige Funktion aus. Aus seiner Sicht wird man in bestimmten Bereichen etwas tun müssen, was wirklich notwendig ist und andererseits feststellen müssen, dass die Wünsche nicht alle erfüllbar sind.
Karoline Linnert spricht sich ebenso wie Carsten Sieling für die Rückführung der Fremdreinigung in Eigenreinigung aus.
Helmut Pflugradt und Carsten Sieling sind sich darin einig, dass das Rückholen der privatisierten Gesellschaften in den öffentlichen Dienst grundsätzlich nicht zur Diskussion steht, sie sehen aber Nachholbedarf bei der Steuerung der ausgegliederten Bereiche. Carsten Sieling geht aller-dings etwas weiter. Er hält eine Überprüfung der Struktur der Gesellschaft für Bremer Immobilien mbH für erforderlich.
Karoline Linnert ist entschieden dagegen, dass hoheitliche Aufgaben in privater Rechtsform erbracht werden und hält deren Rückführung für geboten.
Karoline Linnert versichert, dass sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Wertschätzung und mit Achtung gegenüber ihrer Kompetenz begegnet. Veränderungen des öffentlichen Dienstes kann sie sich nur gemeinsam mit den Beschäftigten vorstellen und weist Vorgehensweisen „à la Roland Berger“ zurück.
Aus Sicht von Carsten Sieling passt die Rasenmäher-Philosophie der „Personalentwicklungsplanung“ nicht mehr zur Realität. Dort, wo die Dienstleistungen unmittelbar erbracht werden, „das sind die Sektoren, wo wir richtig ran müssen“.
Helmut Pflugradt betont die absolute Notwendigkeit, im Rahmen der Föderalismusreformdiskussion Veränderungen zugunsten Bremens herbeizuführen.
Carsten Sieling setzt für den Bereich der Beamtinnen und Beamten auf die vom DGB in Bremen zum Beamtenrecht eingeleitete Reform „Verhandeln statt Verordnen“.
Helmut Pflugradt strebt für die Beamtinnen und Beamten eine Angleichung der Bezüge an die tarifliche Entwicklung an.
Karoline Linnert spricht sich für tarifliche Sonderregelungen in Bremen aus. Für den Beamtenbereich warnt sie davor, aus dem norddeutschen Verbund auszubrechen.
Alle drei schließen ausdrücklich betriebsbedingte Kündigungen aus.
Auf die Frage, wie es die Parteien mit der Mitbestimmung halten, in Anbetracht dessen, dass die CDU in NRW eine drastische Verschlechterung des Gesetzes vorantreibt, entgegnet Helmut Pflugradt, dass die CDU in Bremen gerade beschlossen hat, das Bremische Personalvertretungsgesetz nicht ändern zu wollen. Karoline Linnert sieht keinen Veränderungsbedarf an diesem Gesetz. Sie kritisiert, dass es einen Volkssport unter Managern gibt, das eigene Führungsversagen auf die Mitbestimmungsregelungen abzuschieben. Carsten Sieling betont die Sicherung und Stärkung der Mitbestimmungsrechte, die eine wesentliche Voraussetzung für gute Dienstleistungen sind.
Peter Erlanson, als Betriebsrat des Klinikums Links der Weser eingeladen, äußert sich als Spitzenkandidat der Partei „Die Linke“. Er bezeichnet die Beteiligung der Beschäftigten, die Mitbestimmung und deren teilweisen Ausbau als elementar. Aufgrund der Kürze seines Redebeitrages verweist er hinsichtlich der Programmpunkte auf die Internetseite seiner Partei.
Anschließend überreicht die Per-sonalratsvorsitzende Daniela Rodriguez von der Werkstatt Bremen Karoline Linnert, Carsten Sieling und Helmut Pflugradt eine Einladung von Personalräten verschiedener Dienststellen an die Parteien, sich die dortigen Arbeitsverhältnisse anzuschauen.
Zum Abschluss betont Edmund Mevissen erneut die Bedeutung des öffentlichen Dienstes für Bremen und seine Bürgerinnen und Bürger. Er ermuntert die Anwesenden, die Eindrücke aus dieser Veranstaltung mit ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu diskutieren. Und er bringt zum Ausdruck, wie wichtig es ist, am 13. Mai in Bremen wählen zu gehen.