Der Dauerstreit um die Bildung sollte beendet werden: SPD, CDU, Grüne und FDP einigten sich auf einen gemeinsamen Entwurf für ein neues Schul- und Schulverwaltungsgesetz. Die GEW kann sich diesem Konsens nicht anschließen und kritisiert die Gesetzesnovelle. Denn ein Hauptproblem der Schulen, das frühe Aussortieren der Kinder, bleibt bestehen. Das Engagement der betroffenen SchülerInnen, Eltern und PädagogInnen für mehr Bildungsgerechtigkeit wird deshalb anhalten.
Diverse internationale Studien haben belegt, dass längeres gemeinsames Lernen am besten für Schülerinnen und Schüler ist. Überall in Europa wird das auch so praktiziert. Die rot-grüne Koalition sowie die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper, lange Zeit Lehrerin an einer Gesamtschule, wollten dies bei ihrem Amtsantritt auch für die Bremer Schülerinnen und Schüler ermöglichen. Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Kinder mit Migrationshintergrund sollten gemeinsam mit Kindern aus sogenannten bildungsnahen Familien länger als bis zur 4. Klasse lernen. Allerdings hat die rot-grüne Koalition die Chance einer vorwärts weisenden Schulreform im Lande Bremen vertan. Stattdessen wurde das sogenannte „Zwei-Säulen-Modell“ beschlossen. CDU und FDP hatten es von Anfang an gefordert. So wird die Trennung der SchülerInnen nach der 4. Klasse fortgesetzt. Während 20 % der SchülerInnen für das Gymnasium (1. Säule) ausgelesen werden, wird der größte Teil die neue Oberschule (2. Säule) besuchen.
Damit ist die leistungsmäßige und soziale Durchmischung der künftigen Oberschulen erheblich eingeschränkt. Gleichzeitig wird die Gesamtschule, die bisher den Anspruch realisierte, Modell für die Integration aller SchülerInnen bis zur 10. Klasse zu sein, als eigenständige Schulform abgeschafft. Die einzige flächendeckend integrierte Schule bleibt die Grundschule. Ihre Arbeit wird jedoch durch die Aufgabe beeinträchtigt, in Zukunft noch stärker die Auslese für das Gymnasium vorzubereiten.
Die Förderzentren (ehemals Sonderschulen) bleiben erhalten. Ihre Integration wird auf Eis gelegt. Einige wenige Oberschulen bekommen eigene gymnasiale Oberstufen. Das macht sie zu Lasten der anderen Oberschulen attraktiver. Außerdem kostet dies viel Geld und schwächt die bisherigen Oberstufenzentren, in denen berufliche und allgemeinbildende Bildungsgänge zusammen bestehen.
Die bisherigen Probleme der Schulen werden sich nicht ändern. Deshalb arbeitet die GEW weiter am Konzept eines einheitlichen, demokratischen Bildungswesens und wird hierfür Bündnispartner suchen. Zum anderen fordert die GEW konkrete Maßnahmen, die mehr Bildungsgerechtigkeit bewirken. Vordringlich sind Doppelbesetzungen in Kitas und Grundschulen, Gesamtschulstandards für die neuen Oberschulen mit niedrigeren Klassenfrequenzen, mehr Fördermaßnahmen für Migrantenkinder, Integration der SchülerInnen von Förderzentren an allen Schulen mit zusätzlichen Leh-rerInnen sowie eine bessere Ausstattung der Ganztagsschulen und der Schulen in sozialen Brennpunkten.
Um diese Maßnahmen durchzuführen, brauchen die Schulen mehr Personal. Der Stellenabbau muss beendet werden. Angesichts des bevorstehenden LehrerInnenmangels müssen Lehrkräfte für alle Schulstufen so früh wie möglich eingestellt werden. Wer durchgreifende Bildungsreformen will, wird um eine erhebliche Aufstockung des Bildungshaushalts nicht umhin kommen.
Elke Baumann