Der Standortälteste a.D. ist nicht totzukriegen.
Alle Nase lang sucht er seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen heim und elendet sie stundenrund mit Geheimtipps, Visionen und Gerüchten.
Jüngst hatte er unter dem Siegel der Verschwiegenheit geraten, Aktien der Weltfirma Knirps aufzukaufen, weil ein Boom erwartet wird, da die Bundesregierung angeblich „Volksschirme für jedermann“ ausgeben will.
War wohl nix, war doch nur `ne Ente. Das Volk steht noch im Regen.
Nun ist der Standortälteste a.D. schon wieder erschienen, um die Bonuszahlungen an die Banker zu verteidigen: „Die sind ganz arm dran.“ verkündet er den Ungläubigen. „Stellt euch die Kanalarbeiter vor. Wenn die unter Tage sind, kriegen sie eine tolle Schmutzzulage, denn sie waten ja bis zu den Knöcheln in Abwässern und Fäkalien. Noch viel schlimmer ist das bei vielen Bankern. Wenn die die Bank betreten, reichen ihnen die faulen Kredite schon bis zum Oberschenkel, und in ihren Direktionsbüros müssen sie auf ihren Chefsesseln den ganzen Tag stehen, da ihnen die faulen Kredite sonst über dem Kopf zusammenschlagen. Und das nicht nur während der normalen 40 Stundenwoche, nein! Gute Banker machen länger, auch die Mittagspause durch und abends bis in die Nacht. Eine mörderische Anspannung.“
Das Ausmaß der Tragik ist am gramzerfurchten Antlitz des Stand-ortältesten abzulesen. „Das geht nicht erst seit der Krise so, sondern im Geheimen schon seit Jahren. Viele dieser Banker haben vom langen Stehen auf den wackligen Chefsesseln schon Krampfadern an den Unterschenkeln. (Vom Sitzen hätten sie vielleicht Hämorrhoiden -Anmerkung der Redaktion-.) Und dafür, dass sie das so lange durchgehalten haben, gibt es den Bonus. Wie im Kanal. Und das Geld ist bitter nötig, ständig neue Klamotten, weil die alten den Geruch annehmen. Und ständig teure Duftwässerchen, damit die Kunden nichts merken. Der Bonus dient auch zur Stimmungsaufhellung. Denn die Hälfte der Börse hängt von Stimmungen ab. Und da hellt der Bonus auf. Das ist genau so, als wenn ich meiner Holden zu den runden Hochzeitstagen ein blühfreudiges Alpenveilchen und eine kleine Schachtel Weinbrandbohnen überreiche. Dann hellt der Himmel auf und strahlt, und dann ist die Stimmung gerettet.“
Hoffentlich kommt der Standortälteste a.D. in der nächsten Woche nicht schon wieder im Büro angeschneit und erhebt die Forderung, als Ersatz für den „Volksrettungsknirps“ zur Bekämpfung der Finanzkrise nunmehr als Stimulierungsinstrumente Alpenveilchen und Weinbrand-
bo(h)ni flächendeckend auszugeben. Und zwar verbunden mit der schönen Botschaft: „Ein Bohni in Ehren, kann niemand verwehren.“
Peter Garrelmann