Das Telefon klingelt, die Kollegin schiebt mir eine dicke Akte über den Schreibtisch, es klopft an der Tür. Herein kommt eine Frau mit Kinderwagen, zwei Kindern und deren Oma, die sich auf einen Rollator stützt. Sie wollen einen Antrag stellen. Bürgerinnen und Bürger drängen sich in den Fluren und Wartebereichen. Solche oder ähnliche Situationen kennen die Kolleginnen und Kollegen aus ihrer beruflichen Realität. Jedem ist bekannt, wie stark die räumliche Situation die Qualität einer Dienstleistung beeinflusst.
Obwohl es bereits heute enge Rahmenbedingungen für die Büroarbeitsplätze im bremischen öffentlichen Dienst gibt, beabsichtigt der Senat weitere Einsparungen bei den Flächenbedarfen. Dazu hat er eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die weitere Einsparmöglichkeiten untersuchen soll. Im Januar 2010 hat der Senat eine verbindliche Richtlinie zu Flächenstandards als Ergebnis dieser Arbeitsgruppe beschlossen.
In der Arbeitsgruppe hatte der Gesamtpersonalrat sich dafür stark gemacht, dass die Richtlinie keine negativen Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben wird. Das konnte erreicht werden.
Ihren Flächenbedarf müssen die Dienststellen auch weiterhin alle zwei Jahre legitimieren. Dabei bleiben die bisher anerkannten Flächen für Büroarbeitsplätze grundsätzlich akzeptiert. Positiv sehen wir auch, dass es gelungen ist, zukünftig alle Beschäftigten, auch Auszubildende oder Teilzeitbeschäftigte bei der Berechnung der erforderlichen Bürofläche je Dienststelle einzubeziehen. Für Aufgaben mit Publikumskontakten, großen Aktenmengen im Büro, spezieller Dienstkleidung oder Führungs- bzw. Leitungstätigkeiten konnten konkrete Zusatzbedarfe festgelegt werden. Nicht zuletzt wurden Anforderungen an die Barrierefreiheit von Büroarbeitsplätzen festgeschrieben.
Kritisch betrachten wir die Festlegung einer durchschnittlichen Gesamtfläche von 15 qm pro MitarbeiterIn je Dienstgebäude. Nach aktuellen Erhebungen beträgt die durchschnittliche Bürofläche zur Zeit 19 qm pro MitarbeiterIn. Dieser Teil der Richtlinie erscheint uns nicht realisierbar. Die bremischen Dienststellen sind in Gebäuden untergebracht, die unter anderen Gesichtspunkten erbaut und bezogen wurden. Sie können nicht mal eben so den neuen Anforderungen angepasst werden. Deshalb halten wir die
Sparerwartung des Senats von 20 % der Bürofläche des bremischen öffentlichen Dienstes für illusorisch.
Die Richtlinie verpflichtet jetzt alle Ressorts, ein Rahmenkonzept für die Raumplanung ihrer Dienststellen zu erstellen. Hierdurch gibt es die Chance einer neuen, verbesserten Qualität in der Auseinandersetzung um die erforderlichen Flächen für gute Dienstleistungen.
Direkte Auswirkungen der Richtlinie wird es zunächst in den Dienststellen geben, die „neue“ Büroflächen anmieten oder in denen wegen Organisationsveränderungen die Raumzuschnitte angepasst werden sollen.
Die oben genannte Arbeitsgruppe soll ihre Tätigkeit fortsetzen und eine Handlungshilfe für die Umsetzung der Richtlinie erarbeiten. Eine weitere Beteiligung wurde dem Gesamtpersonalrat zugesichert.
Burckhard Radtke