Lidl, Telekom - die Liste von Arbeitgebern, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Arbeit unzulässigerweise ausgeschnüffelt haben, ließe sich beliebig verlängern. Ein Beschäftigtendatenschutzgesetz sollte her, um die Beschäftigten wirkungsvoll zu schützen. Was die Bundesregierung jedoch als Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz vorgelegt hat, verdient den Namen nicht. Es stellt alle Beschäftgten unter Generalverdacht. Danach soll das Fernmeldegeheimnis für private Gespräche und E-Mails am Arbeitsplatz insgesamt abgeschafft werden. Der Arbeitgeber soll auch private Gespräche mithören und E-Mails lesen dürfen - um zu überprüfen, ob sie wirklich privat sind. Das Mithören dienstlicher Telefongespräche und das Mitlesen dienstlicher E-Mails soll permanent und ständig zugelassen werden, nicht mehr nur stichprobenhaft in vorher mitzuteilenden Zeiträumen. Die permanente Videoüberwachung von Beschäftigten soll ganz allgemein "zur Wahrung wichtiger betrieblicher Interessen" zugelassen werden. Der anlass- und verdachtslose Abgleich von Beschäftigtendaten ("Screening") soll nicht mehr nur zur Aufdeckung von Verfehlungen zugelassen werden, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen, sondern auch zum Aufspüren minder schwerer "Pflichtverletzungen". Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge sollen künftig Vorrang vor den gesetzlichen Überwachungsgrenzen erhalten und dadurch selbst das geringe gesetzliche Schutzniveau gänzlich aufheben dürfen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung gibt den Arbeitgebern eine Handhabe, den Datenschutz in Betrieben und Dienststellen auszuhebeln und bestehende Standards und gute Vereinbarungen zu unterlaufen. Der Gesetzentwurf wurde daher auf einer Anhörung im Jahr 2011 stark kritisiert. Trotzdem will die Bundesregierung an den problematischen Regelungen festhalten. Der Gesamtpersonalrat hat in Briefen an Herrn Kauder, den Vorsitzenden der CDU/CSUBundestagsfraktion sowie an die bremischen Bundestagsabgeordneten eindringlich um Unterstützung dafür geworben, die vielen kritischen Anmerkungen und Bedenken gegenüber dem vorliegenden Gesetzentwurf ernst zunehmen und sich für entsprechende Veränderungen stark zu machen. Wir haben auch Bürgermeisterin Karoline Linnert und Bürgermeister Jens Böhrnsen gebeten, ihren Einfluss in Berlin entsprechend geltend zu machen. Zustimmende Reaktionen gab es bereits von den Abgeordneten der SPD, Dr. Carsten Sieling und Uwe Beckmeyer und der Linken, Agnes Alpers, die einen gänzlich überarbeiteten Gesetzentwurf zum tatsächlichen Schutz der Beschäftigtendaten fordern. Der Beschäftigtendatenschutz ist eine zu wichtige Angelegenheit, um das Gesetz ohne gravierende Änderungen verabschieden zu lassen. Wir wollen keine Lizenz zum Schnüffeln für die Arbeitgeber. Besser kein Gesetz als dieses!
Doris Hülsmeier