Im Jobcenter Bremen arbeiten Beschäftigte des Amtes für Soziale Dienste und der Bundesagentur für Arbeit seit vielen Jahren zusammen. Verteilt auf sechs Häuser bearbeiten ca. 930 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Anträge von über 47.000 Menschen bzw. 39.500 Haushalten und Familien. Für die hilfebedürftigen Menschen bieten die Kolleginnen und Kollegen Leistungen zur Sicherung ihrer Existenz und unterstützen sie bei der Suche nach einem Arbeitsplatz und bei einem selbstbestimmten Leben.
Ein besonderes Merkmal des Jobcenters ist, dass in den Häusern, teilweise sogar im selben Büro, Beschäftigte arbeiten, die je nach ihrer arbeits- oder beamtenrechtlichen "Herkunft" entsprechend dem TV-L oder dem TVöD bzw. dem Beamtenrecht des Bundes oder des Landes Bremen beschäftigt sind. Diese Situation führt unter anderem zu erheblichen Unterschieden bei der Bezahlung für ein und dieselbe Tätigkeit.
Durch die Reform des SGB II war es erstmals 2011 im Jobcenter möglich, einen gemeinsamen Personalrat zu wählen. Hierdurch können die gemeinsamen Probleme und Interessen zielgerichteter vertreten werden. Die Interessenvertretungen der Herkunftsbereiche bleiben für die arbeitsvertrags- oder statusrechtlichen Grundbedingungen verantwortlich. Daher findet Mitbestimmung zum Arbeitsplatz beim Personalrat Jobcenter statt. Die Mitbestimmung zur Aufstockung von Stunden findet statt beim Personalrat in den Herkunftsdienststellen.
Die Situation im Jobcenter Bremen ist nach wie vor durch einen viel zu hohen Anteil an befristet Beschäftigten, einer hohen Fluktuation sowie durch eine dauerhafte Überlastung und Stress gekennzeichnet. Trotz der vielen Bemühungen ist es nicht gelungen, eine angemessene Arbeitsbelastung für alle Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter zu erreichen.
Die Kürzungen bei der Anzahl und dem Umfang von echten Qualifizierungsmaßnahmen und die stark zurückgegangene politische Orientierung auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geben den Hilfesuchenden immer weniger Perspektiven. Stattdessen werden Leistungsberechtigte in prekäre Beschäftigung (z. B. Zeitarbeit) oder Maßnahmen wie Ein-Euro-Jobs verschoben.
Der aus dieser Situation entstehende Frust und die Wut von Hilfesuchenden verschafft sich durch eine wachsende Zahl der Übergriffe Raum. Diese Entwicklung ist sehr besorgniserregend.
Für eine Verbesserung dieser Situation ist es dringend erforderlich, die Kürzungspolitik zu beenden. Mehr Personal, mehr Zeit für den Einzelfall, weniger Überlastung, weniger Stress und verbesserte Angebote helfen, die belastenden Bedingungen im Interesse aller zu entspannen und zu deeskalieren. Die Überführung der vielen befristet Beschäftigten im Jobcenter in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse ist eine weitere wichtige Maßnahme zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen.
Burckhard Radtke