Zufall oder nicht? - Am 25. September, also 3 Tage nach der Bundestagswahl soll die Bremische Bürgerschaft die Haushalte für 2014 und 2015 in erster Lesung beraten. Im Wahlkampf hätten die wegen der darin vorgesehenen weiteren Kürzungen zu erwartenden (und auch angekündigten) Proteste natürlich gestört.
Gründe für Proteste gibt es genug: So ist das Gesetz zur Nicht-Übertragung des Tarifabschlusses auf die Besoldung zwar in einem eigenständigen Verfahren beschlossen worden. Inhaltlich ist es allerdings sehr weitgehend aus dem viel zu engen Korsett abgeleitet, dass der Senat dem Personalhaushalt geschnürt hat. Geringfügige Ausgabensteigerungen gibt es demnach bei der Versorgung, weil die Zahl der VersorgungsempfängerInnen noch ansteigt. Die Dienstbezüge der aktiven Beschäftigten sollen dagegen in etwa konstant bleiben. Finanzplanerisch wird dies erreicht durch die Kombination von geradezu provokativ niedrigen Annahmen über die Einkommensentwicklung (0,9 % mehr 2013 sowie jeweils 1,5 % 2014 und 2015) mit der Fortschreibung der PEP-Quote von durchschnittlich 1,5 %.
Die PEP-Quote, die den jährlichen Personalabbau vorgibt, wird 20. Ein Grund zum Gratulieren wäre nur, wenn PEP endlich in den Ruhestand geschickt würde. Der Senat jedoch hält eisern daran fest, ohne allerdings ganz überzeugt davon zu wirken. In einer ganzen Reihe von Aufgabenbereichen sind die pauschalen Personalkürzungen mit den gewünschten Dienst-leistungen nicht mehr in Einklang zu bringen. Hier will der Senat vom Haushaltsgesetzgeber "zusätzliches" Stellenvolumen bewilligt haben. Das gilt beispielsweise für die berühmte "Schippe drauf" im Bildungsbereich, die freilich nur von der anderen Seite des Haufens per PEP weggeschaufelt wurde. Auch Stadtamt, Jugendhilfe, Polizei, Justiz und Finanzämter kommen mit unterschiedlichen Begründungen etwas glimpflicher davon.
Erfreulich daran ist, dass der Senat sich im Einzelfall neuen Einsichten nicht verschließt. Nach wie vor kommt aus der Politik aber keine ernsthafte
Initiative, die Personalausstattung grundsätzlich nach Umfang und Qualität der von den einzelnen Dienststellen und Betrieben erwarteten Dienstleistungen zu bemessen. Denn die Konsequenz daraus wäre, dass die Politik dann mit dem Personal auch ausdrücklich Dienstleistungen abbauen müsste.
Eine andere Konsequenz könnte natürlich sein, endlich die Schuldenbremse in Frage zu stellen. Schulden kann man nur durch ausreichende Steuereinnahmen wirkungsvoll bremsen. Beschränkt man sich darauf, die Ausgaben zu kürzen, ist die Nulllinie bei der Kreditaufnahme nicht zu erreichen. Laut Finanzplanung wird es schon 2017 nur noch knapp möglich sein, das strukturelle Defizit unter der dann zulässigen Grenze von gut 300 Mio. Euro zu halten. Dabei profitiert Bremen von historisch niedrigen Zinsen.
Eine wesentliche Rolle spielt in den Debatten über die Haushalte und besonders über die Nicht-Übernahme des Tarifergebnisses auf die BeamtInnen der Stabilitätsrat. Dieses Gremium wurde im Rahmen der Föderalismusreform geschaffen, um die Haushaltsentwicklung der Länder zu beobachten. Dort, so heißt es, habe Bremen sich eine "Klatsche" abgeholt. Im Herbst werde "zu entscheiden sein, ob der Stabilitätsrat das Land nach § 5 Absatz 3 StabiRatG zu einer Verstärkung seines Konsolidierungskurses auffordern muss", heißt es im Beschluss des Stabilitätsrates.
Der Charakter dieser "Klatsche" ist allerdings zweifelhaft. Aus Berliner Kreisen heißt es, im Stabilitätsrat sei es zuletzt recht langweilig zugegangen, und niemand habe mehr Lust, zu dessen Sitzungen zu gehen. Es scheint demnach nicht so zu sein, dass dort intensiv um die Bewertung des Bremer Sanierungsberichts gerungen wurde. Bislang unbestätigten Gerüchten zufolge soll die Finanzsenatorin mit dem Beschluss recht zufrieden gewesen sein, da er ihr politische Rückendeckung für eine härtere Gangart in Bremen verschafft.
Diese härtere Gangart betrifft weite Teile der bremischen Haushalte, die Personalausgaben ebenso wie die konsumtiven. Bei den konsumtiven Ausgaben bleiben die Sozialleistungen mit gut einem Drittel ein bedeutender Posten, der sich einer Steuerung durch Bremen weitgehend entzieht. Ein weiteres Drittel machen die sogenannten Vorabdotierungen aus. Das sind zu großen Teilen Personalkostenerstattungen an Bremerhaven sowie an bremische Eigenbetriebe und Sonderhaushalte. Diese werden nach den gleichen Grundsätzen bemessen wie die Personalausgaben im Kernhaushalt.
Für die Beschäftigten heißt das noch mehr Arbeit. Weitere Konflikte bei den kommenden Tarif- und Besoldungsrunden sind absehbar.
Burkhard Winsemann
PEP ist die Abkürzung für Personalentwicklungsprogramm und bestimmt den Personalabbau im bremischen öffentlichen Dienst. Seit 1993 werden durch das PEP Personalabbauquoten vorgegeben. Das bedeutet, dass die Personalzahlen jährlich um einen vorgegebenen Prozentsatz verringert werden. Die entsprechenden Beschlüsse hierfür fasst die Bremische Bürgerschaft.