Nach zwei Verhandlungsrunden hatten die Arbeitgeber immer noch kein Angebot vorgelegt. Deshalb war es folgerichtig, dass wir am 12. März eine große Kundgebung auf dem Marktplatz in Bremen durchgeführt haben gemeinsam mit unseren Mitstreitern GdP und GEW.
Aufgerufen waren alle Beschäftigten der Länder aus Niedersachsen und Bremen. 7.000 sind dem Aufruf gefolgt. Das ist gemessen an den Betroffenen von dieser Tarifrunde eine überschaubare Größenordnung gewesen. Selbstverständlich hätte ich mir gewünscht, dass noch viel mehr bereit sind, sich für ihre Forderungen einzusetzen.
Es wurde deutlich herausgestellt, dass wir das Verhalten der Arbeitgeber scharf kritisieren und unsere Forderung nach 5,5 %, mindestens aber 175 Euro mehr als gerechtfertigt ist.
Die Jugend hat deutlich gemacht, dass die Anhebung der Ausbildungsvergütung um 100 Euro zum selbstständigen Leben zwingend erforderlich ist und auch ihre Forderung nach einer verbindlichen Übernahmeregelung dazu dient, dass sie überhaupt in der Lage ist, ihre Zukunft zu planen.
Die unselige sachgrundlose Befristung im öffentlichen Dienst muss endlich eingedämmt werden, auch darin waren wir uns alle einig.
Weit über den Bereich der Länder hinaus reicht allerdings die Bedeutung der Auseinandersetzung um die betriebliche Altersversorgung.
Es ist gesellschaftspolitisch nicht hinnehmbar, dass nach erheblichen Kürzungen der gesetzlichen Rentenansprüche jetzt von den Ländern auch noch die Betriebsrente gekürzt und den Beschäftigten alleine die Finanzierungsrisiken bei der betrieblichen Altersvorsorge aufgebürdet werden sollen.
Das Thema Verschlechterungen in der Zusatzversorgung VBL, also bei der Betriebsrente, spielt in dieser Tarifrunde eine große Rolle bei den Arbeitgebern. Haben sie doch ein Finanzierungsdefizit von mehreren Milliarden Euro in der Zukunft zu verzeichnen.
Das Gejammer der Arbeitgeber, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind zu teuer und außerdem haben sie kein Geld, hören wir in jeder Tarifrunde.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind aber die Ausgaben für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Deutschland mit 7,4 % gegenüber Frankreich (13,2 %), Italien (11,3 %) und Großbritannien (12%) vergleichsweise gering.
20 % aller Beschäftigten scheidet im öffentlichen Dienst in den nächsten Jahren aus, es werden bundesweit 700.000 neue junge Menschen als Nachwuchs benötigt. Wer soll bitte noch Interesse an einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst haben, wenn die Bezahlung am Ende wesentlich schlechter ist als in anderen Bereichen? Und damit würden die Arbeitgeber sich selber bestrafen.
Es war richtig, in Bremen noch einmal Druck zu machen, denn von dieser Tarifrunde sind auch ganz besonders die Beamtinnen und Beamten betroffen. Werden sie doch schon seit Jahren von der Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst abgekoppelt, weil sie die Abschlüsse in den letzten Jahren weder zeit- noch inhaltsgleich erhalten haben.
Beispiel: A6 Finanzbeamter verdient in Bremen 1.759 Euro, beim Bund 1.883 Euro. Das sind monatlich 124 Euro weniger. Und kein Mensch kann erklären, warum ein Bremer Beamter weniger verdienen soll als ein Bundesbeamter, beide machen die gleiche Arbeit.
Bei Redaktionsschluss war gerade die dritte Verhandlungsrunde ergebnislos beendet worden.
Hauptthema der dritten Runde war erneut die Zusatzversorgung bei der VBL, die Betriebsrente. Wir erkennen zwar einen Handlungsbedarf, aber wir weisen die geforderte Leistungsabsenkung mit aller Deutlichkeit zurück!
Wir könnten uns, wenn überhaupt, nur höhere Finanzierungsbeiträge ggf. unter Beteiligung der Beschäftigten vorstellen - mehr nicht!
Ein Angebot zur Entgelterhöhung kam von den Arbeitgebern immer noch nicht, auch alle anderen Forderungen, wie z.B. Lehrkräfteeingruppierung oder Ausschluss sachgrundloser Befristungen, konnten nicht geeint werden.
Jetzt muss mit voller Macht Druck von den Beschäftigten ausgeübt werden. Wir rufen ab 24. bis 26. März zum Warnstreik auf, um den Arbeitgebern vor der nächsten Verhandlungsrunde am 28./29. März 2015 zu zeigen: Uns reicht es - wir wollen endlich ein adäquates Angebot und keine Leistungsminderung bei unserer Zusatzversorgung.
Die Anforderungen der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Sie leisten die Arbeit pädagogischer Fachkräfte und müssen dann auch entsprechend bezahlt werden. Die Arbeitgeber betonen immer wieder die gesellschaftliche Bedeutung der Sozial- und Erziehungsdienstberufe. Sie sehen aber dennoch keine Notwendigkeit einer besseren finanziellen Bewertung dieser Tätigkeiten. Das ist die Perversion in sich.
Die Beschäftigten werden nun ein Zeichen setzen, wie wichtig ihre Arbeit wirklich ist und in den Warnstreik treten. Sollten die Arbeitgeber sich weiter auf stur stellen, sind sie bereit, im Zweifel in den Erzwingungsstreik zu gehen.
Am 23. März werden die Verhandlungen fortgesetzt, es sind 750.000 Beschäftigte, die von einer Aufwertung des Berufs profitieren würden.
Was wollen wir eigentlich? Wir fordern eine Neuregelung der Eingruppierungsvorschriften und Tätigkeitsmerkmale und wollen damit eine Einkommensverbesserung von durchschnittlich 10 % erreichen. Das ist mehr als gerecht, weil die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst wirklich wertvolle Arbeit für die Gesellschaft leisten, und sie sind es wert, dass diese gute Arbeit auch gut bezahlt wird.
Wenn man eine Ausbildung über fünf Jahre macht und danach bei Vollzeit mit 2.366 € im Monat nach Hause geht - aber gleichzeitig hoch qualifizierten und verantwortungsvollen Tätigkeiten nachgeht - dann stimmt das System nicht mehr.
75 % aller Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst sind teilzeitbeschäftigt und müssen deshalb Nebenjobs annehmen, um über die Runden zu kommen. Damit ist Altersarmut fast schon vorprogrammiert.
Sozial- und Erziehungsberufe: Richtig gut - aufwerten jetzt.
Susanne Kremer