Die Hoffnungen der Beamtinnen und Beamten, dass es in der neuen Legislaturperiode der Bremischen Bürgerschaft zu einer gerechteren Politik ihnen gegenüber kommen würde, werden leider enttäuscht.
Still und leise ist die vom "alten" Senat zugesagte Besoldungserhöhung im Vorgriff auf das noch laufende Gesetzgebungsverfahren zum 1. Juli 2015 vollzogen worden. Der "neue" Senat macht deutlich, dass er sich an die Zusagen der Vorgänger halten will. Die Besoldungserhöhung findet jedoch zum wiederholten Mal zeitverzögert statt. Überlegen Sie mal selbst: Rechnen Sie die vielen Monate der zeitverzögerten Übertragung zusammen, addieren das fehlende Weihnachtsgeld und die übrigen gekürzten Leistungen dazu. Nicht zu vergessen ist die längere Wochenarbeitszeit der Beamtinnen und Beamten von 40 Stunden.
Dann wird sehr schnell deutlich, welche enormen Einbußen wir Beamtinnen und Beamte über die Jahre bei unseren Einkommen hinnehmen mussten und immer noch müssen. Damit muss endlich Schluss sein. Die Ergebnisse der Tarifverhandlungen müssen identisch übertragen werden.
Am 5. Mai 2015 hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil zu einer angemessenen Besoldung für die Richterinnen und Richter verkündet. Das Gericht bezieht sich auf den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation, der aus Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz herzuleiten ist. Daraus hat es Prüfkriterien entwickelt, die eine bessere Einschätzung zulassen sollen, ob die Bezahlung der Richterinnen und Richter rechtmäßig ist. Diese Prüfkriterien bilden eine gute Grundlage für eine allgemeine Übertragung auf die Alimenta-tion aller Beamtinnen und Beamten. Die Kriterien sind:
Weichen drei der Kriterien von der allgemeinen Entwicklung ab, weist dies auf eine verfassungswidrige Unteralimentation hin. In zwei weiteren Prüfstufen ist dann zu untersuchen, ob es weitere Hinweise für eine Unteralimentation gibt und ob diese im Ausnahmefall gerechtfertigt ist. Alle werden viel üben müssen, um mit diesem neuen „Instrument“ umzugehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaften werden auf der Grundlage des Urteils einen Umgang mit den Prüfkriterien erarbeiten und eigene Berechnungen anstellen. In der Folge werden sie mit ihren Mitgliedern weitere Schritte prüfen.
Erneut hat die Koalition versäumt, ein deutliches Bekenntnis für eine stärkere Demokratisierung der Rechte der Beamtinnen und Beamten abzugeben. Dass dies rechtlich möglich ist, zeigt ein Vorschlag des DGB, der auf der Grundlage aktueller Rechtsprechung entwickelt ist. Hierüber ist dringend mit den Gewerkschaften zu diskutieren.
Eine Zusage zur zeit- und inhaltsgleichen Übertragung von Tarifergebnissen auf die Beamtinnen und Beamten fehlt. Im Koalitionsvertrag wird lediglich beschrieben, dass beabsichtigt ist, die Tarifergebnisse "angemessen zu übertragen". Diese Aussage gibt zu viel Interpretationsspielraum, von dem sicherlich wieder Gebrauch gemacht wird. Kürzungen bei der Versorgung im Todesfall sowie bei der Beihilfe sind angekündigt.
Die Koalition bekennt sich zum "Gleichklang der Bedingungen aller Beschäftigten", versäumt aber, die wirkungsgleiche Übertragung der Rente mit 63 oder die Kindererziehungszeiten in das Beamtenrecht zu übertragen. Auch die Arbeitszeiten bleiben höher. Aussagen zu Zuschüssen zu den Beitragszahlungen der Beamtinnen und Beamten für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung fehlen völlig.
Erneut wurde eine Chance zu einer Verbesserung der Beziehung zu den Beamtinnen und Beamten verpasst. Da hat die Koalition noch nachzuarbeiten.
Burckhard Radtke
stellvertretender Vorsitzender
des Gesamtpersonalrats