Haben Sie nicht auch viele Ideen, wie man die Arbeit in Ihrem Bereich besser organisieren könnte? Deshalb müssen betroffene Kolleginnen und Kollegen beteiligt werden, wenn Organisation in der bremischen Verwaltung weiterentwickelt wird. So ist es in der Dienstvereinbarung "Grundsätze und Verfahren der Beschäftigtenbeteiligung bei Organisationsentwicklungsprozessen" geregelt. Nur so können das Wissen, die Erfahrungen sowie die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden.
Katharina Eggers hat im Amt für Soziale Dienste Erfahrungen in einem Beteiligungsprojekt gesammelt. MUMM hat sie befragt.
MUMM: Katharina, du warst beteiligt bei einem Modellprojekt in der Jugendhilfe - wie ist es dazu gekommen?
Katharina Eggers: Wir haben uns komplett als Team beworben für die Teilnahme an einem Modellprojekt. Dabei sollte ausprobiert werden, ob mit personellen und organisatorischen Verbesserungen der Anstieg der Fallzahlen in der Erziehungshilfe verlangsamt oder sogar aufgehalten werden kann. Unser Stadtteilteam in Walle hat den Zuschlag bekommen. Wir hatten zwar ein bisschen Schiss davor, aber auch Bock darauf. Wir wollten den Modellversuch selbst gestalten. Das war eine echte Chance, unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern.
MUMM: Wie habt ihr gearbeitet?
Katharina Eggers: Wir hatten keine gesonderten Projektstrukturen. Wir haben das Modell quasi verschränkt mit unserer normalen Arbeitstätigkeit entwickelt. Die Dienstbesprechungen waren gleichzeitig die Projektgruppensitzungen. Die Referatsleiterin war Projektleiterin. Es war schon eine besondere Herausforderung und auch ziemlich belastend! Wir haben ja Neues erfunden und dann gleich am "lebendigen Projekt", also in der regulären Jugendhilfearbeit ausprobiert und eingeübt.
MUMM: Habt ihr Unterstützung gekriegt?
Katharina Eggers: Ja, wir haben zusätzliche Stellen für den Projektzeitraum für das Case Management, eine Stelle für Stadtteilkoordination und Unterstützung für die Leitung erhalten. Allerdings waren die netto dann faktisch nie ganz besetzt - wegen der vielen abwesenden und erkrankten Kolleginnen und Kollegen. Aber immerhin: Wir hatten mehr Zeit für die von uns zu betreuenden Jugendlichen und deren Familien und mussten nicht so häufig Externe beauftragen. Zusätzlich gab es eine wissenschaftliche Begleitung und Fachcoaching.
MUMM: Wie ist es gelaufen?
Katharina Eggers: Wir waren ein super Team, aktiv und motiviert und haben vor allem am Anfang gut funktioniert. Natürlich war es schwierig, plötzlich ein Drittel mehr Leute im Team zu haben. Wir haben die Neuen dann nach und nach integriert. Eine besondere Belas-tung waren die hohen Erwartungen der Politik. Naja, und unsere kritischen Anmerkungen haben auch nicht immer Gehör gefunden.
MUMM: Hat euch die Dienstvereinbarung Grundsätze und Verfahren der Beschäftigtenbeteiligung bei Organisationsentwicklungsprozessen geholfen?
Katharina Eggers: Um ehrlich zu sein, haben wir die Dienstvereinbarung nicht so beachtet. Im Nachhinein betrachtet hätten wir uns damit aber wohl ein paar Probleme ersparen können. Wir waren teilweise frustriert, wenn unsere Ideen, Fragen und Einflussmöglichkeiten an der Referatsgrenze endeten. Die Beteiligung des Personalrats in der Arbeitsgruppe wäre gut gewesen. Der hätte dann die Interessen von uns Beschäftigten in den anderen Projektgremien bis hin zur Lenkungsgruppe deutlich machen können. Wir hätten auch gerne eine Erklärung erhalten, warum unsere Vorschläge nur teilweise übernommen worden sind. Nach der Dienstvereinbarung ist das alles vorgesehen.
MUMM: Was ist aus den Ergebnissen des Modellprojektes geworden?
Katharina Eggers: Das Modellprojekt wurde nach zwei Jahren für erfolgreich erklärt und dann um zwei Jahre verlängert. Die Ergebnisse werden jetzt auf alle Bereiche des Jugendamtes übertragen, begleitet von Schulungen. Leider findet der Transferprozess bisher mit sehr dünner Beteiligung der Beschäftigten statt. Die Beteiligung von Kolleginnen und Kollegen sowie des Personalrates konnte erst durch einen Beschluss der Einigungsstelle organisiert werden.
MUMM: Hat es sich für dich gelohnt beim Modellprojekt mitzumachen?
Katharina Eggers: Unbedingt! Es hat mir total Spaß gemacht, etwas Neues zu erfinden und auszuprobieren und damit unsere Arbeit selbst zu gestalten. Ich fand es gut, meine Arbeit zu hinterfragen und zu reflektieren. Ich hab auch profitiert vom "Blick über den Tellerrand" und hab jetzt einen anderen Blick auf die Strukturen. Ich hab mich persönlich qualifiziert durch unsere Teilnahme an dem Modellversuch. Ich hab da ziemlich von profitiert.
MUMM: Das hört sich gut an. Vielen Dank, Katharina.
Katharina Eggers arbeitet mittlerweile in der Fachabteilung des Jugendamtes bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport.
Das Interview mit Katharina Eggers führte Doris Hülsmeier
Die Dienstvereinbarung ist im Internet unter www.gpr.bremen.de unter dem Menüpunkt Dienstvereinbarungen zu finden.