Sie ist winzig klein, und doch länger als ihr komplizierter Name: Die Desoxyribonukleinsäure (DNS oder engl. DNA) misst ausgestreckt rund zwei Meter. Auf ihr sind in rund 20.000 Genen die Erbinformationen eines Menschen gespeichert.
Die DNA ist täglicher Arbeitsgegenstand von Angela Stoklosinski und Sven Razbin. Beide sind Biologen und arbeiten bei der Polizei Bremen im Bereich DNA-Analytik, die ein Teil der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle (KTU) ist. Unterstützt werden sie dabei von fünf Biologisch-Technischen-AssistentInnen bzw. Medizinisch-Technischen-AssistentInnen, die den größten Teil der unmittelbaren Arbeit im Labor erledigen. Eine Verwaltungskraft kümmert sich um die gesamte Logistik.
Als die Polizei Bremen vor 20 Jahren begann, DNA zu analysieren, waren dafür noch erhebliche Mengen an Spurenmaterial notwendig, beispielsweise ein Blutfleck von der Größe einer Münze. Heute können auch kleinste Spuren untersucht werden. Deshalb hat die Zahl der Analysen stark zugenommen. Rund 15.000 waren es im Jahr 2015.
Mittels eines "Polymerase-Kettenreaktion" (PCR) genannten Verfahrens werden dabei Abschnitte der gefundenen DNA vervielfältigt. Anschließend werden diese analysiert und sichtbar gemacht. Der Name dieses Verfahrens ist genau so kompliziert: Kapillarelektrophorese.
Die komplette DNA eines Menschen ist zwar einzigartig (mit Ausnahme von eineiigen Zwillingen). Bei den in der DNA-Analytik untersuchten Abschnitten ist das aber nicht zwingend der Fall. In einem weiteren Arbeitsschritt muss deshalb mit biostatistischen Methoden bewertet werden, wie eindeutig die Ergebnisse auf eine bestimmte Person hindeuten. Dies vertreten Angela Stoklosinski und Sven Razbin dann auch als Sachverständige vor Gericht.
„Ganz wichtig bei unserer Arbeit ist, jeden einzelnen Schritt, jedes einzelne bearbeite Spurenmaterial ganz genau zu dokumentieren“, sagt Angela Stoklosinski. "So haben wir jederzeit Unterlagen, die bei Gericht und Anwälten keine Zweifel an der Zuverlässigkeit unserer Ergebnisse aufkommen lassen." Bestätigt wird die hohe Qualität der Arbeit der Bremer DNA-Analytik auch durch die immer fehlerfreie Auflösung der fiktiven Fälle, die zweimal jährlich im Rahmen der GEDNAP-Spurenringversuche, eines Qualitätssicherungsverfahrens, bearbeitet werden.
Verändert haben sich auch die Zwecke, zu denen DNA analysiert wird. Anfangs ging es ausschließlich darum, anhand von DNA-Material einen auf Grund konventioneller Ermittlungsmethoden bestehenden konkreten Tatverdacht gegen eine Person zu erhärten oder zu entkräften. In Verbindung mit der 1998 eingerichteten DNA-Datenbank des Bundeskriminalamtes können mit gefundenem DNA-Material auch direkt Tatverdächtige ermittelt werden, wenn deren Daten dort bereits erfasst sind. "Dabei muss dann aber umso sorgfältiger beurteilt werden, ob eine im Zusammenhang mit einer Straftat gefundene Spur auch wirklich relevant ist", sagt Sven Razbin dazu. "Eine in der Nähe des Tatortes auf der Straße gefundene Zigarettenkippe kann ja auch ganz zufällig dorthin gelangt sein."
Anders als im Fernsehen gehen die Biologen der Polizei Bremen nicht selbst auf Verbrecherjagd, und ihre Labore sehen weniger spektakulär aus. Doch hinsichtlich wissenschaftlicher Expertise und einer höchst spannenden Arbeit stehen sie ihren Kollegen vom CSI in nichts nach.
Burkhard Winsemann