Was früher die Stadtvermittlung war, ist nun schon seit fünf Jahren das Bürgertelefon Bremen (BTB) als Geschäftsbereich B von Performa Nord. Unter der Telefonnummer 361-0 und 115 haben annähernd 90 Kolleginnen und Kollegen des BTB offene Ohren. Sie sind montags bis freitags von 7-18 Uhr für Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu verschiedenen Themen der Behörden erreichbar.
Das Bürgertelefon Bremen findet man in den Räumlichkeiten des alten Postamtes am Hauptbahnhof. Die Großraumbüros vermitteln überraschenderweise gar keine Call-Center-Atmosphäre. Es erinnert eher an einen betriebsamen Bienenstock. Susanne Tschense-Kopp (Teamleiterin), Nicole Manthey (Ausbildungsverantwortliche) und Marcel Thölken (Verwaltungsangestellter) erwarten MUMM zum Interview.
MUMM: Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um beim BTB arbeiten zu können?
Susanne Tschense-Kopp: Die Qualifikationen der Kolleginnen und Kollegen sind vielfältig. Sie haben kaufmännische Abschlüsse, eine Verwaltungsausbildung oder einen akademischen Abschluss. Manche haben auch die Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondent_in. Wünschenswert ist Erfahrung in der Telefonberatung. Viele sind Quereinsteiger_innen. Nach der Einstellung muss in eigenen Schulungsräumen eine über mehrere Monate dauernde Grundausbildung zu den Themen Behördenaufbau, Dienstleistungen der Behörden und Kommunikation absolviert werden. Parallel geht es mit Begleitung durch eine Trainerin oder einen Trainer an den echten Arbeitsplatz. Es wird also niemand ins kalte Wasser geworfen.
MUMM: Das BTB bildet auch aus. Ist das richtig?
Nicole Manthey: Ja, seit letztem Jahr und darauf sind wir stolz. Wir bilden zweijährig zur Servicekraft für Dialogmarketing und dreijährig zur Kauffrau bzw. zum Kaufmann für Dialogmarketing aus. Aktuell betreuen wir zusätzlich Praktikantinnen und Praktikanten von Friedehorst und dem Jobcenter mit dem Ziel einer zunächst befristeten Einstellung.
MUMM: Das Wort "Beauskunftung" haben wir hier neu gelernt. Welche Auskünfte erteilt das BTB denn und für wen?
Susanne Tschense-Kopp: Aktuell gibt es circa 500 verschiedene Dienstleistungsbeschreibungen, zu denen wir beauskunften. Es handelt sich bei den Fragen um Klassiker wie zum Beispiel zu Öffnungszeiten, VHS-Kursen, zur Einsichtnahme in Bauakten, Beantragung von Ausweisdokumenten, Elterngeld, BAföG oder Erbschein, zum Baumbeschnitt im Garten sowie natürlich zur Anmeldung des PKWs oder zu Fragen der Eheschließung. Dann gibt es aber auch speziellere Themen wie beispielsweise Drohnenflug, Bombenfund, Bestattung von Heimtieren oder Anrufe für das Kindernottelefon.
Wir sind Dienstleister unter anderem für das Stadtamt, die drei BürgerServiceCenter, die Finanzämter, das Amt für Soziale Dienste, die Bremer Volkshochschule, die Senatorin für Kinder und Bildung, den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und den Umweltbetrieb Bremen.
MUMM: Nicht alle beim BTB können alles wissen. Wie werden die Anrufe bei dieser Fülle von Themen sortiert?
Nicole Manthey: Das ist gut gelöst. Es gibt den technischen Eingangspiloten. Der zeigt, welche Behörde zur Auskunft angerufen wurde. Auskünfte zur VHS, dem Umweltbetrieb oder zum Sprachmittlerpool werden aussortiert und an speziell geschulte Servicekräfte weitergeleitet. Zu allen anderen Fragen kann im BTB tatsächlich jede_r Auskunft geben.
MUMM: Es gibt sicher oft Bürger_innen, die nicht so gut Deutsch sprechen. Wie geht man im BTB mit Sprachbarrieren um?
Marcel Thölken: Uns ist ein guter Service wichtig, daher versuchen wir uns grundsätzlich auf den Bürger einzustellen. Die Amtssprache ist selbstverständlich Deutsch, aber im Einzelfall wird auch Englisch gesprochen. Oft melden sich Menschen mit Verständigungsschwierigkeiten schon gleich mit Dolmetscher_in im Hintergrund. Oder Behörden brauchen vor Ort Sprachmittler_innen. Hier bekommen wir dann Anfragen und vermitteln jemanden aus dem sogenannten Sprachmittlerpool.
MUMM: Sicher wird nicht jedes Anliegen sofort geklärt. Was passiert dann?
Marcel Thölken: Nach jedem Telefonat gibt es einen sogenannten Fallabschluss: War die Beauskunftung erfolgreich und konnte gegebenenfalls weiterverbunden werden? Diese Informationen werden regelmäßig ausgewertet.
MUMM: Der Servicegedanke steht hier im Fokus, aber darf auch mal aufgelegt werden?
Nicole Manthey: Ja, niemand muss sich beleidigen oder beschimpfen lassen. Allerdings kommt das glücklicherweise nicht so häufig vor.
MUMM: Gibt es Beispiele für einen lustigen oder außergewöhnlichen Anruf?
Marcel Thölken: Während meines ersten Einsatzes nach der Grundausbildung rief jemand an und erkundigte sich nach dem nächsten Bordell in Blockdiek. Dann rief vor kurzem ein Polizist aus Philadelphia mit Dolmetscherin im Hintergrund an. Es ging um einen verlorenen, vielleicht auch gestohlenen, internationalen Führerschein aus Deutschland und er bat um Auskünfte.
MUMM: Trotz des guten Betriebsklimas - stresst diese Art Arbeit nicht auch?
Susanne Tschense-Kopp: Aufgrund des guten Betriebsklimas können Stresssituationen im Team gut aufgefangen werden. Die Bremerinnen und Bremer sind gute Gesprächspartner_innen, die schätzen, dass beim BTB ihr Anliegen in guten Händen ist. Das überträgt sich auf die Kolleginnen und Kollegen - auch durch das Telefon.
Marcel Thölken: Genau, dennoch gibt es Zeiten in denen es tatsächlich stressig ist. Ich denke da beispielsweise an die unzähligen Anrufe vor dem 31. Mai. Da ist nämlich Fristablauf zur Abgabe der Steuererklärungen und die Bürger_innen haben viel Klärungsbedarf.
MUMM: Vielen Dank für den kleinen Einblick ins BTB. Wir wünschen weiter gute Beauskunftung!
Das Interview führte
Ivonne Weinhold