In vielen europäischen Ländern wird unsere duale Ausbildung gelobt. Sie gilt zu Recht als Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Aber wir sehen immer mehr, dass diese duale Ausbildung in Gefahr gerät. Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet aus. Die Herausforderungen, junge Leute gut auszubilden steigen. Andererseits sehen auch wir Schwächen in unserem Schulsystem. Unter den derzeitigen personellen und strukturellen Bedingungen im Bereich der Berufsorientierung bekommen Jugendliche nicht immer das nötige Rüstzeug mit auf den Weg. Hier bleibt noch viel zu tun, damit der Übergang von Schule zu Berufsausbildung besser funktioniert.
Eine weitere Aufgabe bringt die Vielfalt in unserer Gesellschaft mit sich. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt. Das müssen wir nutzen, denn das ist eine Chance, uns selber weiterzuentwickeln. Es ist jedoch kontraproduktiv, wenn wir von Unternehmen immer wieder hören, junge Leute seien nicht ausbildungsfähig, deswegen bildeten sie nicht aus. Gleichzeitig beklagen sie den Fachkräftemangel. Für und in gutes Personal muss ein Betrieb investieren. Eine Investition in eine gute Ausbildung zahlt sich in jedem Fall aus. Wir alle - Betriebe, Berufsschulen, Ausbildungspersonal, Gewerkschaften sind gefordert, junge Menschen zu fördern, damit sie einen Beruf erlernen
- für ein selbstbestimmtes Leben.
Das trifft auch für den öffentlichen Dienst zu. Gute Ausbildung sichert gute Dienstleistungen, die jede_r von uns gerne entgegen nimmt. Für die Ausbildung junger Menschen brauchen wir Ausbilderinnen und Ausbilder, die Zeit und Lust für diese Aufgabe haben. Es kann und darf nicht sein, dass stetig mehr „on top“ auf die alltägliche Arbeit hinzukommt. Die Ausbildung junger Menschen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die gute Rahmenbedingungen, aber auch Anerkennung durch die Leitung benötigt.
Der öffentliche Dienst engagiert sich in besonderem Maße bei der Ausbildung Geflüchteter. Die Einstiegsqualifizierungen sind ein wichtiger Meilenstein für ihr Ankommen in dieser Gesellschaft, die für sie sehr kompliziert erscheinen muss. Diese Arbeit fordert sehr viel Empathie und Zeit seitens der Ausbilderinnen und Ausbilder. Hier wünsche ich mir vom Arbeitgeber, von Vorgesetzen mehr Anerkennung und Wertschätzung. Denn wer diese an Auszubildende weitergeben will, muss sie auch von seinen Vorgesetzten bekommen.
Die Gewerkschaften treten dafür ein, dass jungen Menschen Chancen auf Zukunft eröffnet werden. Dazu gehören gute Berufsschulen, Aus- und Fortbildungszentren, ausreichend Lehr- und Ausbildungspersonal. Und dazu gehört auch das Erlernen von Mitbestimmung und Demokratie. Gesellschaftliches Engagement in Ausbildungsbeiräten, in Jugend- und Ausbildungsvertretungen oder gewerkschaftlichen Gruppen stärkt das Selbstbewusstsein und die Eigeninitiative der jungen Menschen, die wir so nötig für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft benötigen.
Wir engagieren uns für gute Bezahlung, auch für Auszubildende. 2017 steht die nächste Tarif- und Besoldungsrunde an. Wertschätzung und Anerkennung hat auch etwas mit Geld zu tun. Geschenkt wird uns eine Erhöhung nicht. Nur gemeinsames Engagement aller zahlt sich aus!
Annette Düring