Wird jetzt alles gut? Durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen kann Bremen auf erhebliche Mehreinnahmen ab dem Jahr 2020 hoffen. 87 Mio. € sollen dem aktuellen Stand der Schätzungen zufolge aus dem eigentlichen Länderfinanzausgleich zusätzlich nach Bremen fließen. Hinzu kommen jährliche Sanierungshilfen von 400 statt bisher 300 Mio. €. Die entscheidende Verbesserung für Bremen liegt darin, dass die Sanierungshilfen zukünftig "echtes Geld" sein werden, Geld, das auch ausgegeben werden darf. Der Bund hatte bis zuletzt gefordert, das Geld müsse komplett in die Tilgung der Altschulden fließen. Damit hätte es bei anhaltend niedrigem Zinsniveau (das natürlich nicht garantiert ist) erstaunlich geringe Haushaltsentlastungen bewirkt. Bremen wäre gleichzeitig weiterhin gezwungen gewesen, selbst am Allernotwendigsten zu kürzen. Nach dem letztlich erzielten Kompromiss muss Bremen (wie auch das Saarland) durchschnittlich mindestens 80 Mio. € pro Jahr zur Schuldentilgung nutzen. Der Rest steht für den allgemeinen Haushalt zur Verfügung.
Ohne Zweifel hat der Senat hier einen wichtigen politischen Erfolg erzielt. Ein Grund, die Korken knallen zu lassen, ist das aber nicht. Ab dem Jahr 2020 wird die "Schuldenbremse" voll angezogen. Die Länderhaushalte dürfen dann keine (strukturellen) Defizite mehr aufweisen. Der Ausgabenrahmen bleibt für Bremen damit eng, etwa vergleichbar dem des laufenden Jahres 2017, in dem noch ein strukturelles Defizit von rund 360 Mio. € (Stadtstaat insgesamt) zulässig ist. Und das ist bekanntlich gerade einmal zu viel zum Sterben.
Für eine durchgreifende Verbesserung der bremischen Haushaltslage kann eine bessere Verteilung eines insgesamt zu kleinen Kuchens keinesfalls ausreichen. Notwendig bleibt, die Steuereinnahmen insgesamt deutlich zu erhöhen. Steuerpolitische Eckpunkte, die dies ermöglichen und dabei sogar noch deutliche Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen bringen, hat der DGB-Bundesvorstand im Dezember beschlossen.
Nachdem über Jahrzehnte Unternehmen, Spitzenverdiener und Vermögende immer weiter entlastet wurden (s. Grafik) will der DGB dem Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit wieder Geltung verschaffen. Erreichen will er das mit Änderungen bei der Einkommensteuer, einer verfassungsfesten Gestaltung der Erbschaftssteuer, der Wiedererhebung der Vermögenssteuer und einer zeitgemäßen Fortentwicklung der Gewerbesteuer.
Ein deutlich höheres Steueraufkommen, das zudem allein den Ländern zustünde, würde vor allem durch die Umsetzung der Eckpunkte zur Vermögenssteuer und zur Erbschaftssteuer erzielt.
Eine verfassungsgemäße Wiedererhebung der Vermögenssteuer auf Nettovermögen von über 1 Mio. € würde rund 25 Mrd. € jährlich erbringen. Dabei ist ein maßvoller Steuersatz von 1 % zugrunde gelegt, der für extrem hohe Vermögen (ab 1 Mrd. €) auf bis zu 2 % ansteigen soll. Als Faustregel gilt, dass rund 1 % dieses Aufkommens nach Bremen fließen würde, also 250 Mio. €.
Damit würde zugleich ein verfassungspolitisch höchst bedenklicher Zustand beseitigt, den Deutschland sich seit rund 20 Jahren leistet. 1995 hatte das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, dass durch den Rückgriff auf veraltete Bewertungsmaßstäbe Immobilien bei der Vermögenssteuer stark unter Wert angesetzt wurden. Seit 1996 durfte die Vermögenssteuer daher nicht mehr in dieser Form erhoben werden. Über 20 Jahre hinweg hat der Bundesgesetzgeber eine neue Regelung vermieden.Ebenso wenig hat er sich allerdings getraut, das Vermögensteuergesetz aufzuheben.
Auch das Erbschaftssteuergesetz wurde bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht beanstandet, zuletzt wegen ausufernder Verschonungstatbestände für Betriebsvermögen. Die jüngste Neuregelung ist allerdings kaum besser. Generelle Vergünstigungen für Unternehmenserben soll es nach dem Willen des DGB zukünftig nicht mehr geben. Um im Einzelfall die Fortführung eines Unternehmens nicht zu gefährden, seien lediglich erweiterte Stundungsmöglichkeiten sinnvoll.
Mit der Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftssteuer sollen alle, auch nichtgewerbliche Unternehmen, gleichmäßig zur Finanzierung kommunaler Leistungen herangezogen werden. Zugleich soll das Steueraufkommen mit einer breiteren Bemessungsgrundlage weniger schwankungsanfällig werden.
Bei der Lohn- und Einkommensteuer halten sich Mehr- und Mindereinnahmen in etwa die Waage. Der DGB spricht sich dafür aus, den Grundfreibetrag von derzeit gut 8.000 € auf 11.000 € anzuheben. Der starke Anstieg des Steuersatzes im unteren Einkommensbereich soll zudem entfallen. Beides zusammen führt dazu, dass schon bei geringen Einkommen deutliche Entlastungen eintreten. Für eine_n Ledige_n mit einem Bruttojahreseinkommen von 15.000 € rechnet der DGB mit 375 € mehr im Portemonnaie, zwischen 500 und 600 € wären es bei Einkommen zwischen 30 und 60.000 €. (Für Verheiratete kann man zur Orientierung jeweils alle Beträge verdoppeln.) Finanziert wird dies durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 % (derzeit 42 %); dieser soll dann aber auch erst bei deutlich höheren Einkommen als bisher greifen. Dem normalen Einkommensteuertarif sollen zukünftig auch wieder die derzeit durch die Abgeltungssteuer begünstigten Kapitaleinkünfte unterliegen.
Die Kinderfreibeträge, die den Nachwuchs einkommensstarker Familien besonders fördern, will der DGB zugunsten eines einheitlichen, um 15 € monatlich erhöhten Kindergelds abschaffen. Jedes Kind soll dem Staat gleich viel wert sein.
Die Eckpunkte des DGB machen deutlich: Möglichkeiten für eine gerechtere Steuerpolitik, die den Ländern und Kommunen ausreichende finanzielle Spielräume verschaffen und gleichzeitig geringere Einkommen entlasten, gibt es genug. Sie müssen nur genutzt werden. Last, but not least gilt weiterhin: Auch bessere Steuergesetze benötigen ausreichend Personal, das sie anwendet. Sehr zu Recht fordert der DGB deshalb, verbindliche personelle Mindeststandards für die Steuerverwaltung festzulegen.
Burkhard Winsemann