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Schlimme Hängepartie

Schließung des Schlachthofs mit dramatischen Folgen

Bild vom ehemaligen Schlachthof
1882 wurde der Schlachthof am Rande der Bürgerweide fertiggestellt, 1977 zog er in einen anderen Stadtteil, 1981 wurde das Gebäude teilweise abgerissen. Heute ist es das Kulturzentrum Bremen, hier finden jährlich rund 300 Veranstaltungen mit über 100.000 Besuchern statt (Foto vom 1. Mai 1980: Herbert Abel, LIS Zentrum für Medien)

Damit hatten die circa 30 Kolleginnen und Kollegen des Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienstes (LMTVet) des Landes Bremen nicht gerechnet. Von einem Tag auf den anderen keine Arbeit, kein Geld und keine Perspektiven. Und das im bremischen öffentlichen Dienst. Was war passiert?
Am 27. Januar erfuhren etliche Mitarbeiter_innen des LMTVet des Landes Bremen, dass ihr Einsatzort, der Schlachthof Bremen, geschlossen wird. Schon seit Monaten waren Berichte über die drohende Schließung im Umlauf. Keiner der Verantwortlichen hatte jedoch bis zu dem Zeitpunkt mit dem Personalrat oder den betroffenen Beschäftigten in der Fleischbeschau gesprochen. Einen Notfallplan gab es nicht. Die Not der Kolleginnen und Kollegen war besonders groß, weil sie einem speziellen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Fleischuntersuchung der Länder unterliegen. Darin ist aufgrund des speziellen Einsatzfeldes geregelt, dass nach einer Woche ohne Arbeit kein Geld mehr gezahlt wird.
Auf der Suche nach Informationen stieß der Personalrat bei allen Verantwortlichen auf Ablehnung. Für die Kolleginnen und Kollegen begann eine schlimme, lang andauernde Hängepartie mit großen Verunsicherungen: Bin ich arbeitslos? Muss ich zum Arbeitsamt? Bekomme ich mein Gehalt?
Ganz kurzfristig organisierte der Personalrat eine Teilpersonalversammlung mit dem Gesamtpersonalrat und Ingo Tebje als Gewerkschaftsvertreter von ver.di. Die Arbeitgeberseite verweigerte die Teilnahme mit der Begründung, dass sie keine Auskünfte geben könne. Der Gesamtpersonalrat beruhigte die Kolleginnen und Kollegen und wies darauf hin, dass ihre Arbeitsverhältnisse stark geschützt sind. Zum einen gibt es eine generelle Zusicherung des Bürgermeisters Carsten Sieling, dass keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden. Zum anderen sind die Arbeitsverhältnisse durch die Dienstvereinbarung zum Personalausgleich (siehe Kasten) geschützt. Von dieser Versammlung ging eine starke Unterstützung für die verunsicherten Kolleginnen und Kollegen aus.
Das verantwortliche Ressort hat sich erschreckend lange aus seiner Verantwortung gegenüber den verunsicherten Kolleginnen und Kollegen gezogen, obwohl der Personalrat mit Unterstützung des Gesamtpersonalrats auf allen möglichen Wegen eine Kontaktaufnahme zur Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz versuchte. Erst in einem Gespräch mit Staatsrat Henning Lühr von der Senatorin für Finanzen konnte ein entscheidender Fortschritt erzielt werden. Danach erschienen beide Staatsräte, Gerd Rüdiger Kück vom zuständigen Ressort für Gesundheit, Wissenschaft und Verbraucherschutz und Henning Lühr vom Finanzressort, auf der zweiten Teilpersonalversammlung.
In dieser Versammlung wurden endlich die erlösenden Worte an die betroffenen Beschäftigten gerichtet. „Bremen steht zu Ihnen. Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen, die Gehälter werden gezahlt, und die Arbeitsverhältnisse mit der Freien Hansestadt Bremen bleiben bestehen. Wir finden für jede und jeden die passende Lösung“, so sprachen Herr Lühr und Herr Kück.
Ab diesem Moment begann ein Prozess, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Mit Unterstützung des Referats 33 bei der Senatorin für Finanzen werden mit den Kolleginnen und Kollegen neue individuelle Lösungen erarbeitet. Durch diese Veränderung entstehen für manche Kolleginnen und Kollegen ganz neue unerwartete Möglichkeiten. Sicherheit wurde gegeben. Jetzt brauchen die Veränderungen ihre Zeit bis neue und gute Arbeitsverhältnisse entstehen.

Saskia Coenraats

Die "Dienstvereinbarung zur Sicherung der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter/innen bei einem Personalausgleich" vom 09.09.1986 wird unter anderem bei Wegfall von Aufgaben angewendet. Sie ist veröffentlicht unter http://www.gpr.bremen.de/dienstvereinbarungen-736.

Große Herausforderung für Personalrat

Foto von Catherine Burfeindt
Catherine Burfeindt, Vorsitzende des Personalrats des Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienstes (LMTVet) des Landes Bremen (Foto: privat)

Die Schließung des Schlachthofes Bremen stellte mich als neu gewählte Vorsitzende des Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienstes (LMTVet) des Landes Bremen vor die größte Herausforderung meiner bisherigen Personalratstätigkeit. Durch die Not der dadurch betroffenen Mitarbeiter_innen im LMTVet entstand zudem enormer Zeitdruck.
Saskia Coenraats vom Gesamtpersonalrat stand uns von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite und ist jeden Schritt des Weges mit uns gegangen. Durch diese Begleitung standen uns alle wichtigen Türen offen.
Auch ver.di hat uns ab der ersten Teilpersonalversammlung aktiv unterstützt und konnte bis heute sehr kurzfristig rechtliche Beratungen anbieten.
Eine gute Erfahrung war, dass Staatsrat Lühr sich viel Zeit für unser Anliegen genommen und sofort verbindliche Zusagen gemacht und gehalten hat. "Bremen steht zu Ihnen" war der Satz auf der Personalversammlung.
Erwartungsgemäß konnten nicht sofort für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Arbeitsplätze gefunden werden, die Suche läuft aber weiter.
An dieser Stelle sei allen Beteiligten für ihr Verständnis und ihr Engagement herzlich gedankt.

Catherine Burfeindt