Gibt es einen Reformbedarf für das Bremische Personalvertretungsgesetz? Auf Antrag der CDU gab es Mitte Juni 2018 im Haushalts- und Finanzausschuss der Bremischen Bürgerschaft zu dieser Frage eine Experten-Anhörung.
Lars Hartwig, stellvertretender Vorsitzender des Gesamtpersonalrats, war dabei. Er ist "unser Mann" im Haushalts- und Finanzausschuss der Bremischen Bürgerschaft. Er äußert sich dort beratend zu Themen des bremischen öffentlichen Dienstes, er verleiht quasi den Kolleginnen und Kollegen des bremischen öffentlichen Dienstes eine Stimme.
MUMM: Lars, erzähl mal, welche Experten wurden dort gehört?
Lars Hartwig: Die SPD hat Onno Dannenberg, ver.di-Bereichsleiter, benannt. Die Grünen haben den Ex-Staatsrat aus dem Justizressort, Matthias Stauch, gesandt. Der Sachverständige der CDU war der Geschäftsführer der Handelskammer, Michael Zeimet. Die Linke hat Ingo Tebje, ver.di-Gewerkschaftssekretär, geschickt.
MUMM: Was sagen die Sachverständigen? Gibt es Veränderungsbedarfe im Bremischen Personalvertretungsgesetz?
Lars Hartwig: Zunächst wurde der Finanzstaatsrat Henning Lühr gehört. Er hält Mitbestimmung, ebenso wie die Beteiligung der Beschäftigten, für eine moderne Verwaltung für unabdingbar, gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung und weiterer laufender Modernisierungsprozesse. Management nach Gutsherrenart hält er für den falschen Weg. Das Gesetz stellt er nicht in Frage. Er plädiert dafür, in den konkreten Mitbestimmungsprozessen die unterschiedlichen Interessen wahrzunehmen und rät beiden Seiten zu Kompromissfähigkeit und Fairness.
Die Sachverständigen der Parteien haben die Frage sehr unterschiedlich bewertet. Der Experte der CDU, Michael Zeimet, sieht Veränderungsbedarfe und begründet das mit einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995.
Der Experte der Grünen, Matthias Stauch, hält das Personalvertretungsgesetz für verfassungsgemäß. Er plädiert lediglich für eine gesetzliche Klarstellung in den Fällen, wo der Senat ein Letztentscheidungsrecht hat.
Die Experten von SPD und Linken hingegen sehen keine Veränderungsbedarfe. Onno Dannenberg sieht weder tatsächliche noch juristische Gründe. Zudem verwies er auf die Verankerung der gleichberechtigten Mitbestimmung in der Bremer Landesverfassung. Ingo Tebje äußerte seinen Eindruck, dass Personalräte und das Bremische Personalvertretungsgesetz als Sündenbock in der politischen Debatte herhalten müssten. Das solle von den durch den massiven Personalabbau der letzten Jahrzehnte verursachten Problemen im Dienstleistungsservice ablenken.
MUMM: Warum wird das Bremische Personalvertretungsgesetz eigentlich immer wieder zum Thema gemacht? Gibt es Probleme?
Lars Hartwig: Ich verstehe nicht, dass unser Personalvertretungsgesetz immer wieder in Frage gestellt wird. Die Kritikerinnen und Kritiker führen nur fiktive Probleme an. Vielmehr ist es so, dass die Personalräte die schwierigen Jahre der Haushaltsnotlage bis heute immer im Interesse der Beschäftigten begleitet haben. Das Gesetz ist ja für die Kolleginnen und Kollegen gemacht, die die öffentlichen Dienstleistungen unter teilweise sehr schwierigen Bedingungen aufrechterhalten. Die Handelskammer kritisiert immer wieder schubladenmäßig die öffentliche Verwaltung, auch bei der Anhörung. Dabei musste jedem klar sein, dass es sich auf die Leistungsfähigkeit auswirkt, wenn 25 Jahre lang in allen Bereichen tausende von Stellen abgebaut wurden. Gleichzeitig hat der öffentliche Dienst deutlich mehr Aufgaben zu erledigen. Jetzt aber die Mitbestimmung und die Kolleginnen und Kollegen dafür verantwortlich zu machen, ist schäbig. Die Politiker_innen sollten sich mal lieber bei ihren Beschäftigten bedanken, statt sie und ihre Personalräte zum Sündenbock zu machen.
MUMM: Wie war dein Gesamteindruck von der Anhörung - gibt es etwas, was dich besonders bewegt hat?
Lars Hartwig: Ich habe mich sehr geärgert über die Stimmungsmache gegen den öffentlichen Dienst durch den Sachverständigen der CDU. Das waren wirklich sackweise Vorurteile. Ich hatte den Eindruck, dass er von Demokratie am Arbeitsplatz nicht viel hält.
Der Sachverständige der Grünen hat in seinem Beitrag einheitliche Standards und Regelungen für alle Beschäftigten des bremischen öffentlichen Dienstes in Frage gestellt. Das finde ich kritisch. Bereits jetzt werden ja die Besonderheiten der Dienststellen berücksichtigt. Wenn man seinen Vorstellungen folgen würde, wäre das für die Attraktivität der Freien Hansestadt Bremen schädlich.
MUMM: Hat dich denn auch etwas erfreut bei dieser Anhörung?
Lars Hartwig: Ja natürlich. Ich fand toll, dass 40 Personalratsvertreterinnen und -vertreter aus Bremen und Bremerhaven die Anhörung verfolgt haben. Es war wirklich klasse, wie Staatsrat Henning Lühr die unsachliche Stimmungsmache des CDU-Experten gegen den öffentlichen Dienst zurückgewiesen hat. Er hat Herrn Zeimet angeboten, einmal ein Finanzamt zu leiten, um zu einer realistischen Bewertung des öffentlichen Dienstes zu kommen.
Gut gefallen haben mir auch die Sachverständigen von SPD und von der Linken. Sie haben beide aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit Zahlen und Fakten verdeutlicht, dass es keine Probleme mit dem Bremischen Personalvertretungsgesetz gibt. Mitbestimmung nach dem Bremischen Personalvertretungsgesetz hat sich in seiner Anwendung bewährt.