Einen großen Karton voller Forderungen und Wünsche nahm Carsten Sieling mit auf den Weg zurück ins Rathaus. Die hatten die rund 100 Teilnehmer_innen der Personalräteversammlung im September zu Papier gebracht, weil der Zeitrahmen nicht ausreichte, um jeden zu Wort kommenzulassen. Aber wer schreibt, der bleibt, und so hat der Bürgermeister noch einiges abzuarbeiten.
Einige wichtige Wünsche hatte Carsten Sieling sich bereits zu eigen gemacht. So bekannte er sich erneut nachdrücklich zum Bremischen Personalvertretungsgesetz. "Ich halte gar nichts davon, und mit mir wird es das nicht geben, dass wir die Hand an das Personalvertretungsgesetz legen." Bei der Experten-Anhörung im Juni
(siehe MUMM 1-2018) sei deutlich geworden, dass Dienststellenleitungen oft Probleme im Umgang mit der Mitbestimmung haben.
Lüder Fasche, Landesvorsitzender der GdP, hakte hier ein und erinnerte an die häufigen Auseinandersetzungen beim Stadtamt. "Natürlich kann Mitbestimmung auch darin bestehen, dass der Personalrat 'Stopp!' sagt. Das ist doch keine Blockade". Letztlich habe das wiederholte "Stopp!" dazu geführt, dass dieser Bereich neu aufgestellt wurde und jetzt viel besser funktioniere.
Mit Blick auf die Haushaltssanierung stellte Carsten Sieling klar, dass der starke Personalabbau unvermeidlich gewesen sei, aber auch erhebliche Probleme gebracht habe. Erfreulicherweise sei es in den letzten Jahren möglich gewesen, den öffentlichen Dienst wieder aufzustocken, um 940 Vollzeitäquivalente. Dies müsse in den nächsten Jahren fortgesetzt werden, um den anstehenden Aufgaben gerecht zu werden.
Bei der Polizei sieht Lüder Fasche dagegen keinen Personalzuwachs. Anders als öffentlich dargestellt, reichten die Einstellungszahlen nur knapp aus, um die anstehenden hohen Abgänge zu kompensieren.
Aus Sicht von Jürgen Köster (dbb/Tarifunion) hat der öffentliche Dienst gegenüber der Privatwirtschaft als Arbeitgeber immer häufiger das Nachsehen, weil die Bezahlung inzwischen weit hinterherhinke. Zudem müsse Auszubildenden die Übernahme garantiert werden, um für Nachwuchskräfte attraktiver zu werden.
Nachdrücklich sprach der Bürgermeister sich dafür aus, dass der öffentliche Dienst mit fairen Beschäftigungsbedingungen punkten müsse: "Gute Arbeit ist das Prinzip." Gerade erst habe der Senat beschlossen, dass Bremen zukünftig keine sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge mehr abschließe. Auch für die Mitarbeiter_innen der Musikschule und der Volkshochschule seien Verbesserungen geplant. Lob erhielt Sieling dafür von Susanne Kremer (ver.di), die zugleich mehr Konsequenz anmahnte: Sie fordert die Entfristung der derzeit 280 sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse. Und für alle Beschäftigten, auch die der Gesellschaften der Bremer Stadtreinigung, müssten faire Tarifverträge gelten. Kremer drängte auch darauf, dass den Beschäftigten mit Honorarverträgen bei der Musikschule schneller als geplant feste Beschäftigungsverhältnisse ermöglicht werden. Außerdem warb sie dafür, dass Bremen seinen Beamt_innen eine echte Wahl zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung ermöglicht. Der Bürgermeister sagte zu, dieses Ziel verfolgen zu wollen.
Ina von Boetticher (GEW) forderte, dass in den Schulen gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten müsse, unabhängig vom Alter der Kinder. Sie verwies auf die hohe Bedeutung von Bildung: "Bildung ist die Basis unserer Gesellschaft. Und dieses Privileg sollten wir gut behandeln. Bildung für weniger Armut, Bildung für den Abbau von Ängsten vor Neuem und Anderen. Wenn eine positive Entwicklung gewollt ist, dann braucht es große Investitionen in ein vielfältiges Bildungs-
system."
Der Bürgermeister sagte in diesem Zusammenhang zu, die Lücke weiter schließen zu wollen, die sich zwischen den Bildungsausgaben Bremens und der anderen Stadtstaaten auftut. Im laufenden Haushalt sei die Ausstattung bereits deutlich verbessert worden, das sei aber kein Grund, sich darauf auszuruhen.
Rückmeldungen von Teilnehmer_innen ergaben ein positives Bild: Der Bürgermeister scheint den "Nerv" vieler Kolleg_innen getroffen zu haben. Nicht, indem er Milch und Honig für alle ankündigte, sondern durch die sachliche und konstruktive Diskussion mit den Vertreterer_innen der Gewerkschaften, durch die ernsthafte Auseinandersetzung mit den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen, vor denen der öffentliche Dienst steht. Zu hoffen bleibt, dass das auch für den Inhalt des "Wunschkartons" gilt.
Lars Hartwig
Burkhard Winsemann