Frauen haben in Deutschland seit 100 Jahren das Wahlrecht, seit 1949 gibt es die gesetzlich formale Gleichstellung der Geschlechter - aber erst seit 1958 ist das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Fast vergessen ist heute, dass in der BRD bis dahin ein Ehemann das Dienstverhältnis seiner Frau kündigen durfte. Dass Ehemänner Arbeitsverträge ihrer Frauen unterschreiben mussten, wurde erst 1977 abgeschafft. Die Gleichstellung von Frauen erregt auch heute immer noch die Gemüter. Ist das gerechtfertigt? Ist denn nicht alles in bester Ordnung?
Die Förderung der Gleichstellung gelingt nicht in ausreichendem Maße. Die Frauenbeauftragten in Bremen sind daher mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gegangen. Sie kritisieren, dass sie ihre Aufgaben, die im Landesgleichstellungsgesetz verankert sind, nicht oder nicht gesetzeskonform ausführen können. Dafür machen sie unterschiedliche Gründe fest, so zum Beispiel fehlende Freistellungen, bewusste Umgehung ihrer Beteiligungsrechte und Maßnahmen der Frauenförderung. Mit ihrem Vorstoß weisen sie auf diese Probleme hin und bitten um mehr Eindeutigkeit für die Umsetzung und um Stärkung ihrer Möglichkeiten, um gegen Verstöße aktiv zu werden.
Es sind die Strukturen, die sich träge und mächtig zeigen. Wie sonst ist es zu erklären, dass eine Gleichstellung der Geschlechter in den Leitungsebenen des öffentlichen Dienstes und der Gesellschaften des Landes Bremen nach 29 Jahren Landesgleichstellungsgesetz nicht erreicht ist? Wie sonst ist es zu erklären, dass es im öffentlichen Bereich immer noch Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor in Teilzeit gibt - sie sind zu 95 % mit Frauen besetzt.
Frauenbeauftragte haben eine wichtige Rolle. Es ist noch viel zu tun, um zu einer Gleichstellung der Geschlechter zu kommen. Die Frauenbeauftragten haben mit ihrem offenen Brief darauf hingewiesen, dass sie für ihre Aufgaben politische Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen brauchen. Ich wünsche mir, dass die Politik diese Hinweise aufgreift und gute Lösungen erarbeitet, damit der Auftrag unserer Verfassung im Sinne der Gleichberechtigung von Frauen und Männern besser umgesetzt werden kann.
Saskia Coenraats
In Artikel 3 des Grundgesetzes ist festgeschrieben, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind und der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt.
Auch die Bremische Landesverfassung weist in Artikel 2 auf die Gleichberechtigung hin. Dort heißt es unter anderem: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich (…) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land, die Stadtgemeinden und die anderen Träger der öffentlichen Verwaltung sind verpflichtet, für die gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter in Staat und Gesellschaft durch wirksame Maßnahmen zu sorgen".
Im Bremischen Landesgleichstellungsgesetz wird konkretisiert, wie die Gleichberechtigung im öffentlichen Dienst umzusetzen ist. Für die Gesellschaften, die sich im Besitz Bremens befinden, wurden vergleichbare Regelungen entwickelt. Die Beratung der Dienststellen- und Betriebsleitungen bei der Umsetzung des Gesetzes ist die primäre Aufgabe der gewählten Frauenbeauftragten. Bei Planung und Entscheidungsfindung ist sie beratend zu beteiligen. Die Frauenbeauftragte hat immer ein Ohr im Betrieb und kennt die Situationen, in denen Frauen beruflich benachteiligt werden. Wichtig ist auch das andere Ohr bei der Öffentlichkeit, um festzustellen, welche wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen für ihre Aufgabe von Bedeutung sind. Bei der Beratung der Geschäfts- und Dienststellenleitung zu personellen, sozialen und organisatorischen Maßnahmen soll dieses Wissen berücksichtigt werden. Verantwortlich für die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes sind die Dienststellen- und Betriebsleitungen.