Ein Schwarzes Loch ist ein Objekt, dessen Masse auf ein extrem kleines Volumen konzentriert ist. Dadurch erzeugt es eine so hohe Anziehungskraft, dass nichts, nicht einmal ein Lichtstrahl, daraus entkommen kann.
Etwas ganz Ähnliches kann man in so manchem menschlichen Gehirn beobachten: Eine Idee, so hoch verdichtet, auf so engem Raum eingepfercht, dass kein vernünftiger Gedanke mehr herauskommen kann. Dieses Phänomen nennt man schwarze Null.
Nur Zyniker würden der Forderung widersprechen, dass die öffentlichen Haushalte sich nicht ausufernd verschulden sollen. Sondern nur so maßvoll, dass die finanziellen Handlungsspielräume zukünftiger Generationen nicht von Zinszahlungen aufgezehrt werden. Kritischer ist schon zu hinterfragen, ob die Schuldenbremse ein dafür geeignetes Instrument ist. Sie ist zu starr, sie bildet konjunkturbedingte Mindereinnahmen nicht ausreichend ab und erlaubt schon gar keine konjunkturbedingten Mehrausgaben. Aber immerhin: Die Schuldenbremse würde dem Bund im Jahr 2020 eine Nettokreditaufnahme von 13. Mrd. € erlauben.
Die schwarze Null aber ist eine populistische Uminterpretation der Schuldenbremse. Beim Verzicht auf den noch erlaubten Rest an staatlicher Kreditaufnahme geht es auch gar nicht um zukünftige Generationen. Es geht darum, wichtige öffentliche Investitionen im hier und jetzt zu unterbinden. Nicht weil sie überflüssig wären, sondern um privaten Investoren und ihren Gewinninteressen den Vortritt zu lassen. Was der Bundesverkehrsminister in der Maut versenkt (oder gar verschenkt) hat, wird er sicher bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit durch ein zusätzliches PPP-Projekt beim Autobahnbau "einsparen": Das wird dann teurer, muss auch von zukünftigen Generationen bezahlt werden, steht aber nicht so im Haushalt.
Öffentliche Investitionen für den Klimaschutz? Die gibt es, aber nur in homöopathischen Dosen. Die nachfolgenden Generationen möchten bitte, statt mit ihren ständigen Demonstrationen die porösen Reste der Verkehrsinfrastruktur zu belasten, auch freitags wieder zur Schule gehen.
Schließlich können sie da noch viel lernen. Vielleicht nicht immer so, wie es eigentlich gedacht ist, denn Lehrpersonal ist knapp und kostet viel Geld. Aber ganz praktische Dinge, sogar über den Klimawandel. Zum Beispiel, dass es in der Schule immer seltener regnet. Obwohl immer noch kein Dachdecker da war. Und dass man, wenn es doch regnet, größere Eimer braucht als früher.
Ganz zu schweigen von den Löchern in den Datennetzen. Die überlassen wir konsequent der Privatwirtschaft und wundern uns dann über die Funklöcher. Und über weltweite Rankings der Netzqualität, in denen wir - mit rapide fallender Tendenz - weit hinter Rumänien in einem bunten Reigen mittelmäßig entwickelter Länder liegen. Zuletzt direkt hinter Panama. Oh, wie schön ist Panama.
Panama - ist das nicht eins von diesen Steuerparadiesen? Diesen Ländern, die eine so hohe Anziehungskraft auf Steuerflüchtlinge haben, dass es schon mal einen Staatshaushalt schreddern kann? Hier schließt sich die Null, pardon, der Kreis.
Burkhard Winsemann