Wer kann, der bleibt zu Hause. Diese Maxime stößt jedoch da an ihre Grenzen, wo es keine Geräte oder sicheren Zugänge gibt. Zusätzliche Notebooks wurden beschafft und sogar die Fat Clients aus den Lehrsälen für Heimarbeitsplätze verwendet. Insgesamt reicht das aber nicht aus, um allen Beschäftigten der Innendienste eine Heimarbeit zu ermöglichen. Im Finanzamt Bremen konnten immerhin über 100 Heimarbeitsplätze geschaffen werden, die an Beschäftigte aus allen Arbeitsbereichen vergeben wurden. So konnte ein dezentrales Online-Finanzamt aufgebaut werden, das die Funktionsfähigkeit der Behörde auch im Falle der Evakuierung des Haus des Reichs sicherstellt. Die Akzeptanz des Arbeitens im Homeoffice hat bei allen Beteiligten zugenommen. Mittlerweile gelten für Homeoffice und Telearbeit grundsätzlich wieder die allgemeinen Regelungen der Dienstvereinbarung.
Schwierig bis nahezu unmöglich ist es derweil, Besprechungen durchzuführen. Das Haus des Reichs verfügt zwar über viele große Besprechungsräume, für die aber Personenobergrenzen gelten. Dieses erschwert nicht nur die Arbeit zahlreicher Arbeitsgruppen, sondern auch die der Mitbestimmungsgremien. Hier ist große Flexibilität gefragt, sei es durch Verlegung von Besprechungen in die Nachmittagsstunden oder in Räumlichkeiten anderer Dienststellen.
Der Informationsfluss zwischen Amtsleitung und Mitbestimmungsgremien war zu Beginn der Pandemie sehr unterschiedlich. Zwar flossen die Informationen überwiegend zeitnah, jedoch kritisierten die Gremien, dass die Mitbestimmung häufig nicht beachtet wurde. Dabei enthalten die einschlägigen Gesetze durchaus Notfallregelungen, und es bestand kein Anlass zu der Vermutung, dass die üblicherweise gute Zusammenarbeit von Amtsleitung und Mitbestimmungsgremien nicht auch im Krisenfall funktionieren würde. Ein Großteil der als anhängig reklamierten Mitbestimmungsverfahren wurde, wenn auch sehr verspätet und außerhalb jeglicher gesetzlicher Fristen, nachgeholt - und fand völlig problemlos die Zustimmung durch die Gremien.
Aufgrund eines hohen Krankenstandes und der Mehrung von Sonderurlauben wurde im Finanzamt Bremen die Arbeitsweise bei Veranlagung, Post und Telefon grundsätzlich umgestellt. Somit konnten eher unfreiwillig Teile einer seit langem diskutierten Umstrukturierung getestet werden, wobei aber glücklicherweise auf viele hierfür bereits geschmiedete Pläne zurückgegriffen werden konnte.
Eine personelle Verstärkung erfuhr das Finanzamt Bremen durch die Finanzämter für Außenprüfung und Bremerhaven, die die Außendienstaktivitäten eingestellt hatten. Die abgeordneten Kolleginnen und Kollegen haben sehr gerne ausgeholfen und wurden mit offenen Armen empfangen. Beschäftigte, die Corona bedingt den direkten Dienst am Kunden nicht leisten konnten, wurden an anderer Stelle eingesetzt. Dabei bewältigten unsere Kolleginnen und Kollegen einmal mehr nicht nur die originären Aufgaben des Finanzamts, sie helfen sogar auch in Krisenzeiten in anderen Ressorts aus.
Anwärterinnen und Anwärter waren ebenso, aber in ganz unterschiedlicher Weise betroffen. Rund 150 junge Leute befanden sich zu Beginn der Pandemie in praktischer oder theoretischer Ausbildung. Beide Ausbildungsbereiche wurden unterbrochen. Aus der praktischen Ausbildung wurde ein praktischer Einsatz in den Eingangsstellen. Der Unterricht für beide Laufbahngruppen wurde über mehrere Wochen online ins Homeoffice übermittelt.
Mit den zunehmenden Lockerungen im Alltag kehrt in die Dienststellen ein Stück der neuen Normalität ein. Die abgeordneten Beschäftigten anderer Ämter sind an ihre angestammten Arbeitsplätze zurückgekehrt, denn die Außendienste werden wieder aufgenommen - allerdings mit einem besonderen Augenmaß. Die Wiedereröffnung der zentralen Informations- und Annahmestelle (ZIA) und des Dienstleistungszentrums Anfang Juni konnte nur unter Restriktionen erfolgen. Kunden können nur nach vorheriger Terminvereinbarung bedient werden. Alle weiteren Arbeitsbereiche bleiben für Publikum geschlossen.
Unter dem Strich sieht es so aus, als sei das Finanzamt Bremen bisher gut durch die Krise gekommen. Hat die Steuerverwaltung also noch mal Glück gehabt? Sicherlich gehört auch Glück dazu, aber das hat sprichwörtlich auf die Dauer nur der Tüchtige. Wesentlich für das bis hierhin beruhigende Ergebnis sind einerseits das umsichtige Handeln der Verantwortlichen und andererseits das vernünftige Verhalten der Beschäftigten in dieser ungewohnten Situation. Steuerverwaltung kann also offenbar auch Corona.
Jennifer Pannecke