Wer von uns hätte im März 2020 gedacht, dass mit dem SARS-CoV-2 Virus der Arbeitsschutz als zentrales Thema unser Arbeitsleben bestimmen würde? Die Gefahr einer Infektion bei der Arbeit rückte ab sofort für Arbeitgeber und Beschäftigte in den täglichen Fokus.
Wahrscheinlich war bis dato wohl nicht jedem von uns präsent, dass das Arbeitsschutzgesetz grundlegend ist, wenn es um unseren Schutz und die Gesundheit am Arbeitsplatz geht. Weitere SARS-CoV-2- bezogene Regelungen und Verordnungen wurden auf Bundesebene für die Arbeitswelt geschaffen, um mit geeigneten Schutzmaßnahmen die Infektionsketten zu unterbrechen. Der Informationsfluss zu den Beschäftigten wurde und wird über Rundschreiben des Senators für Finanzen sichergestellt. Weitere wichtige Informationen stellt das Zentrum für gesunde Arbeit im Mitarbeiter:innenportal bereit. Auch auf der Internetseite des Gesamtpersonalrats gibt es eine umfangreiche Sammlung von Informationen.
Abstandhalten, Maskentragen, Hygiene und Lüften haben sich als wichtige Verhaltensweisen inzwischen etabliert. Die Einbettung von Schutzmaßnahmen in die Arbeitsabläufe und die Organisation musste je nach Gefährdungslage immer wieder neu organisiert werden. Feste Teams wurden in vielen Bereichen gebildet, die sich nicht treffen durften. Dazu wurde mit versetzten Anwesenheits- und Pausenzeiten gearbeitet. Bei der verschärften Situation Anfang des Jahres wurde mit der Corona-Arbeitsschutzverordnung zudem festgelegt, dass Homeoffice verpflichtend anzubieten und zu nutzen ist. Auch wurden als zusätzlicher Schutz die Raumbedarfe pro Person mit 10 qm festgelegt. Zudem wurde geregelt, dass medizinische Masken zu tragen sind, wenn diese Schutzmaßnahmen nicht umzusetzen sind. Bereiche mit Publikumskontakten haben zusätzliche Maßnahmen, wie Trennwände oder Umstellung auf telefonische oder E-Mail-Anfragen, zum Schutz vor Infektionen ergriffen.
Für den Arbeitsschutz sind die Führungskräfte wie auch die Beschäftigten verantwortlich. Arbeitsschutz muss von beiden Seiten gelebt werden, dazu gehört die Eigenverantwortung von uns Beschäftigten ebenso wie die Verantwortung des Arbeitgebers für die Rahmenbedingungen.
Die Erfahrungen in der konkreten Umsetzung der Schutzmaßnahmen waren sehr unterschiedlich. Immer wieder erreichten uns im Gesamtpersonalrat Fragen und große Sorgen um die Gesundheit am Arbeitsplatz.
Etliche Bereiche haben eine hohe Professionalität im Umgang mit den Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen gezeigt. Dort liefen die Maßnahmen ziemlich reibungslos. In anderen Bereichen haben sich Arbeitgeber geweigert, Schutzmasken und Desinfektionsmittel für die Beschäftigten bereitzustellen. Die Haltung eines Staatsrats „Ich gehe doch auch nicht ohne Hose zur Arbeit“ haben wir strikt zurückgewiesen: Schutzmasken sind persönliche Schutzausrüstung und als solche vom Arbeitgeber zu stellen.
Obwohl Personalräte immer wieder auf die Missstände hinwiesen, wurde teilweise nur sehr zögerlich Abhilfe geschaffen. Unsere Erfahrungen haben wir als Gesamtpersonalrat dann in den zentralen Arbeitsschutzausschuss im Mai 2021 eingebracht, der leider aufgrund von Personalwechsel und der insgesamt angespannten Situation nicht vorher tagen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Gesamtsituation bereits verbessert durch regelmäßige Testangebote und ab Juni mit Impfangeboten für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Corona bestimmt nach wie vor unseren Arbeitsalltag. Viren machen vor den Arbeitstoren nicht Halt: Die Verzahnung zwischen Beruflichem und Privatem lässt sich kaum vermeiden. Die Beurteilung von Schutzmaßnahmen ist sehr individuell. Sich dem Corona-Risiko auszusetzen, empfanden viele Kolleg:innen als große Belastung. Die Sorge um Angehörige und die Unterstützungsbedarfe für Kinder und pflegebedürftige Angehörige führten bei vielen zu äußerst angespannten Situationen.
Auch die enormen Einschränkungen der privaten Lebensweise führte zu seelischen Belastungen. Selbst wenn im öffentlichen Dienst wirtschaftliche Existenzängste seltener auftreten als in der Privatwirtschaft, bedeutet Corona für viele eine existenzielle Verunsicherung und Bedrohung.
Wie kann über den Infektionsschutz hinaus die physische und psychische Gesundheit in einer Krisensituation geschützt werden? Die Gestaltung unserer Arbeitsbedingungen hat erheblichen Einfluss darauf, wie Kolleg:innen mit den vielfältigen privaten wie beruflichen Herausforderungen umgehen können. Führungskräfte müssen klarstellen, dass Sicherheit und Gesundheit auch in Zukunft Priorität haben. Dabei müssen auch die langfristigen negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit im Blick behalten werden. Dazu braucht es neue betriebliche Routinen und eine aktive Unterstützung der Beschäftigten zum Beispiel bei der Rückkehr an ihren Arbeitsplatz nach vielen Monaten Homeoffice. Wichtig dazu ist für Personalräte, sich neben dem klassischen Arbeitsschutz hier im speziellen der psychischen Gefährdungsbeurteilung anzunehmen. Es geht um den Blick nach vorne und gerade für die psychische Gesundheit geeignete Angebote einzufordern.
Daniela Koltzau