Ausgepresst und sauer - unter diesem Motto versammelten sich am 25.09.2013 mehr als tausend Beschäftigte aus dem bremischen öffentlichen Dienst und Studierende vor der Bremischen Bürgerschaft. Sie protestierten gegen die neuerlichen Haushaltskürzungen, die jetzt vom Senat in die Bürgerschaft eingebracht wurden. Vorgesehen ist danach unter anderem, in den nächsten beiden Jahren nochmals fast 400 Stellen im öffentlichen Dienst abzubauen. Bereits vor den Sommerferien hatte die Bürgerschaft beschlossen, den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst nur zu einem geringen Teil auch auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen.
4.000 Unterschriften gegen die anhaltende Kürzungspolitik waren aufgereiht auf einer langen Kette, mit der die TeilnehmerInnen die Bürgerschaft umrundeten. Anschließend übergab Ingo Tebje von ver.di Bremen die Unterschriften den Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen/Bündnis 90, Björn Tschöpe und Matthias Güldner. Die wurden damit aufgefordert, für gute öffentliche Dienstleistungen und ein gerechtes Bremen einzutreten.
Vorausgegangen waren dieser Abschlussaktion vielfältige Beiträge aus unterschiedlichen Bereichen.
Ingo Tebje von ver.di Bremen forderte - auch mit Blick auf die Koalitionsgespräche in Berlin - mehr Steuergerechtigkeit für eine ausreichende Finanzierung öffentlicher Aufgaben und für eine faire Bezahlung. Gleichzeitig kritisierte er, dass der grundgesetzliche Auftrag der gleichen Lebensverhältnisse und das Sozialstaatsgebot der Schuldenbremse zum Opfer zu fallen drohen.
"Schülerinnen und Schüler werden durch massiven Unterrichtsausfall um ihre Bildungschancen gebracht. Wenn der Senat Generationengerechtigkeit will, soll er in die Bildung investieren, statt mit der Schuldenbremse die Interessen des Finanzkapitals zu bedienen", forderte Rüdiger Eckert von der GEW Bremen.
"Bremen ist das einzige Bundesland, in dem die Kinder schon mit zweieinhalb statt mit drei Jahren in den Kindergarten kommen. Das erhöht unsere Wickelquote und macht die Arbeit viel aufwändiger." Mit diesem Beispiel verdeutlichte Toren Christians die zunehmende Arbeitsverdichtung bei KiTa Bremen. "Das wirkt sich auf unsere Gesundheit aus: Vor 10 Jahren waren ErzieherInnen im öffentlichen Dienst ziemlich selten krank. Heute haben wir fast die höchste Quote an Erkrankungen."
Jörn Kroppach erläuterte die Forderung nach einem Vertreterpool für die Werkstatt Bremen: "Durchschnittlich 12 Wochen im Jahr müssen wir einen Kollegen oder eine Kollegin vertreten und 2 Gruppen gleichzeitig betreuen. Das ist nicht gut für unsere Gesundheit. Und nicht gut für die Förderung behinderter Menschen."
Christiane Kuhn vom Martinsclub kritisierte die Haltung der Arbeitgeberseite und der Senatorin für Bildung bei den schleppenden Tarifverhandlungen für die pädagogischen MitarbeiterInnen in den Schulen: "Wir wollen genauso bezahlt werden wie die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über die Schulbehörde und andere freie Träger angestellt sind. Wir sind keine Billigarbeitskräfte an Bremer Schulen! Wir wollen für gleiche Arbeit gleichen Lohn."
Mit einer eindrucksvollen Demonstration anhand des Bremer Rathauses zeigten KollegInnen der Feuerwehr Bremen wie quälend lang die Wartezeit bis zum Eintreffen der Feuerwehr im Falle eines Brandes ist. "In Bremen dauert es länger bis die Feuerwehr kommt. Wir haben in Bremen die schwächsten Schutzziele von allen Großstädten", kritisierte Klaus Schmitz.
Horst Göbel von der GdP kritisierte die Personalkürzungen im Bereich der Polizei: "Wenn Bürgerinnen und Bürger die Hilfe der Polizei brauchen, wollen sie ernst genommen werden. Und sie brauchen Menschen. Sie wollen nicht hören: ‚Drücken Sie bitte die 1’".
Andreas Strassemeier von der Justizvollzugsanstalt Bremen erklärte: "Wir wollen für mehr Sicherheit sorgen, nicht indem wir auf die Gefangenen aufpassen - das tun wir auch -, sondern indem wir mit ihnen arbeiten und sie in die Lage versetzen, nach ihrer Entlassung ohne weitere Straftaten zu leben. Dafür brauchen wir ausreichend Personal." Zu den ständigen Hinweisen auf fehlende Haushaltsmittel wies er darauf hin: "Geld ist genug da, bundesweit und auch in Bremen. Es ist nur falsch verteilt."
Beschäftigte und Studierende der Universität demonstrierten plastisch anhand von 130 Figuren, dass der Wegfall von 130 Stellen eine spürbare Lücke reißt. "Wir haben ja genug Geld Hotelsäle anzumieten, warum haben wir kein Geld, um die Uni zu sanieren?" fragte Ralf Streibl vom Personalrat der Universität. "Wenn die Hochschulen zu wenig Grundfinanzierung haben, dann haben sie zu wenig Ressourcen für die Lehre. Außerdem gibt es dann auch niemanden, der sich darum kümmern kann, weiteres Geld durch Drittmittel einzuwerben." "Wirklich Ahnung von Bildung hat der Senat nicht", fassten die Studierenden Swantje Mueller und Jan Romann vom AStA der Universität ihre Erfahrungen zusammen.
"Die Beschäftigten der Gesundheit Nord stehen an eurer Seite, da auch wir unter der Sparpolitik des Bremer Senats zu leiden haben", so die Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Marlene Henrici. "Die Kliniken der Gesundheit Nord befinden sich seit 2008 in der Sanierungsphase. Seit dieser Zeit wurde massiv Personal abgebaut. Gleichzeitig wurden die Liegezeiten der PatientInnen verkürzt. So entstand für die Beschäftigten ein doppelter Druck. Jetzt wird von einigen Politikern gefordert - und das ist die Frechheit -, dass nun auch endlich die Beschäftigten ihren Beitrag zur Sanierung leisten sollen."
Für das Amt für Soziale Dienst beschrieb Wolfgang Klamand die Situation: "Steigende Fallzahlen und immer weniger Personal. Die KollegInnen wissen sich nicht anders zu helfen, als durch Überstunden und teilweise sogar Wochenendarbeit den Anliegen ihres Klientels und den eigenen Ansprüchen an eine qualifizierte Arbeit gerecht zu werden. Zudem ist ein großer Teil nicht amtsangemessen bezahlt. Auf Dauer macht das immer mehr Kolleginnen und Kollegen krank."
Für die Reinigungskräfte bei Immobilien Bremen wies Marion Meyer auf die vielen Schwierigkeiten hin: "Uns fehlen 70 bis 80 Reinigungskräfte, es fehlen immer mehr. Der Senat muss sich endlich an seine Zusage halten, freiwerdende Stellen wieder zu besetzen." Der Arbeitsdruck wird immer höher: "Wir haben für die Reinigung einer Toilette nur noch eine Minute." Hinzukommt, dass die KollegInnen unterschiedlich bezahlt werden. Auch hier forderte sie Verbesserungen.
Kai Mües vom Umweltbetrieb Bremen führte abschließend mit seinen Kolleginnen und Kollegen einen Trauerzug um die Bremische Bürgerschaft an, mit dem das öffentliche Grün zu Grabe getragen wurde. Mit immer weniger Personal kann auch der Wert der Grünflächen nicht mehr angemessen erhalten werden.
Fotos für die Bildergalerie:
Jörn Kroppach, Werkstatt Bremen,
Norbert Kluge, Fremdsprachenzentrum der Hochschulen im Land Bremen und
Gesamtpersonalrat Bremen