In seiner Stellungnahme vom 3. Juni 2024 zu den Haushaltsentwürfen 2024 und 2025 hat der Gesamtpersonalrat die Haushaltspolitik des Senats und der ihn tragenden Koalition insgesamt wohlwollend kommentiert und positiv herausgestellt, dass der Senat seine mit dem Doppelhaushalt 2020/21 manifestierte Abkehr von pauschalen Personalkürzungen fortsetzt. Mit der zu den abschließenden Beratungen für die Haushalte 2025 vorgelegten Ergänzungsmitteilung des Senats gibt es für derartiges Lob keine Grundlage mehr. Im Gegenteil sieht der Gesamtpersonalrat in der neuen Haushaltspolitik des Senats einen Paradigmenwechsel, dessen Tragweite erst allmählich erkennbar wird.
Ab dem Jahr 2025 sollen nun in weiten Teilen wiederum pauschale Personalkürzungsquoten von jährlich 1,45% gelten. Dieser auf den ersten Blick moderat erscheinende Wert wird auf einen Personalbestand angelegt, der ohnehin vielfach unzureichend ist und bei dem die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs den zu wenigen Kolleg:innen eine (häufig zu) hohe Arbeitsbelastung aufbürdet.
Über die quotalen Personalkürzungen hinaus befürchten wir noch weitere Kürzungen. So hat der Gesamtpersonalrat bislang keine klaren Aussagen dazu erhalten, was mit den bisher aus Flexibilisierungsmitteln finanzierten Stellen geschehen soll. Außerdem verschärft der Senat die Personalsituation noch durch den Rückzug aus dem LAZLO-Programm, das bisher in vielen Dienststellen wertvolle Unterstützung bedeutet hat.
25 Jahre Personalabbau mit der PEP-Quote haben sehr deutlich gemacht, dass pauschale Personalkürzungen kein geeignetes Instrument sind, den Personaleinsatz aufgabengerecht zu steuern. Vielmehr hat PEP immer wieder dafür gesorgt, dass die Leistungserbringung beeinträchtigt wurde. Daher ist für den Gesamtpersonalrat vollkommen unverständlich, warum dieses Misserfolgsmodell jetzt erneut zum Einsatz kommen soll.
Die Einsetzung einer Senatskommission für Personalbedarfsermittlung und -planung, die Personalmehrbedarfe in einzelnen Bereichen identifizieren und Ressourcen dementsprechend umsteuern soll, unterstreicht, dass offensichtlich auch der Senat nicht daran glaubt, dass seine Kürzungsvorgaben mit den zu erledigenden Aufgaben in Einklang zu bringen sind. Dabei soll der Personalbedarf für eine vorgegebene Aufgabe nach „einheitlichen Maßstäben“ „technisch bzw. methodisch fundiert“ begründet werden. Es entbehrt jeglicher Logik, dass solche einheitlichen Maßstäbe nur für die Begründung von Personalmehrbedarfen angewendet werden können. Wenn es denn mit diesen Methoden begründbare Personalminderbedarfe gäbe, könnte die Senatskommission sich darum ebenfalls kümmern und dann auch die Verantwortung dafür übernehmen. Dass stattdessen über die Kürzungsquote die Verantwortung für die Umsetzung der Kürzungsvorgaben möglichst weit weg von der Politik delegiert wird, spricht eine klare Sprache.
Nicht nur quantitativ kommt die Arbeit im bremischen öffentlichen Dienst unter Druck. Das Vorhaben der Senatorin für Kinder und Bildung, die Arbeit in Kitas für Menschen ohne jede pädagogische Qualifikation zu öffnen und nur ein einwandfreies Führungszeugnis zu verlangen, zeugt von einer unfassbaren Geringschätzung für die Arbeit der Kolleg:innen in den Kitas. Erinnert sei daran, dass die Kitas vor nicht einmal 10 Jahren in den Aufgabenbereich der Bildungssenatorin verlagert wurden, weil sie zunehmend als Bildungseinrichtungen angesehen wurden. Der faktische Trend geht dagegen in Richtung einer Aufbewahrung und Beaufsichtigung mit nachrangigem Bildungsanspruch. Und das bisschen Bildungsanspruch kann nur eingelöst werden, wenn die zu wenigen Fachkräfte eine weitere Verdichtung ihrer Arbeit hinnehmen.
Auch in den Schulen werden schon seit Jahren viele Mitarbeiter:innen mit atypischen Berufsbiografien eingesetzt. Und vor 10 Jahren hat der bremische öffentliche Dienst hunderte Quereinsteiger:innen mit unterschiedlichen Qualifikationsprofilen für Verwaltungsaufgaben eingestellt. Bremische Personalräte sind grundsätzlich offen dafür, auch ungewöhnliche Wege zu gehen, wenn offene Stellen anderweitig nicht besetzt werden können. Unabdingbare Voraussetzung ist aber, dass diese Kolleg:innen systematisch an ihre Aufgaben herangeführt werden und noch fehlende Qualifikationen in einem überschaubaren Zeitraum im Rahmen ihrer Arbeit nachholen können. Ein Verzicht auf fachliche Qualifikationsstandards kommt für uns nicht in Betracht. Denn die Bürger:innen müssen sicher sein können, dass die öffentlichen Dienstleistungen nicht irgendwie, sondern mit hoher Kompetenz erbracht werden.
Dem Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst kann nicht sinnvoll damit begegnet werden, dass man Laien die Arbeit machen lässt. Viel besser wäre es, so attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten, dass die Fachkräfte im bremischen öffentlichen Dienst arbeiten wollen und nicht die erstbeste Gelegenheit nutzen, im niedersächsischen Umland tätig zu werden.
Durch eine redaktionelle Unaufmerksamkeit bei der abschließenden Bearbeitung des Personalkonzepts zum Sanierungsprogramm ist bereits deutlich geworden, welches Denken im Senat mittlerweile vorherrscht: Mit unverkennbar abwertendem Unterton ist dort von „Minderleister:innen“ die Rede. Der Gesamtpersonalrat weist die Verwendung dieses Begriffs entschieden zurück.
An anderer Stelle kündigt der Senat Maßnahmen zur Vermeidung von Langzeiterkrankung an. Wir hätten es sehr begrüßt, wenn der Senat sich tatsächlich auf den Weg gemacht hätte, die vielfach belastenden und dadurch auch die Gesundheit der Kolleg:innen beeinträchtigenden Arbeitsbedingungen zu verbessern. Wir hätten es begrüßt, wenn er das betriebliche Gesundheitsmanagement und das betriebliche Eingliederungsmanagement gestärkt hätte. Und wir hätten es begrüßt, wenn der Senat endlich den Wert einer guten und gesunden Führungskultur erkannt hätte und sich energisch dafür einsetzen würde, eine solche flächendeckend im bremischen öffentlichen Dienst zu leben.
Inzwischen liegen uns jedoch Hinweise vor, dass es dem Senat vor allem darum geht, Mitarbeiter:innen, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht die volle von ihnen erwartete Leistung bringen, aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Das ist unverantwortlich und skandalös! Die Kolleg:innen haben einen Anspruch darauf, dass fair mit ihnen umgegangen wird, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Wir erwarten, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter:innen aktivieren und motivieren statt ihnen Etiketten anzukleben. Das Wort Minderleister:innen sagt mehr über die Führungskraft aus als über die Mitarbeiter:innen.
Weiter hat sich der Senat im Sanierungsprogramm das Ziel gesetzt, angemietete Flächen zu reduzieren. Das soll durch den verstärkten Einsatz von Desk Sharing und mobilem Arbeiten erreicht werden. Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Begriff „mobiles Arbeiten“ im Sinne der Dienstvereinbarung ortsflexibles Arbeiten die punktuelle und unregelmäßige Arbeit an anderen Arbeitsorten bezeichnet. Daraus können keine Flächenpotenziale durch Desksharing abgeschöpft werden. Nur Kolleg:innen, die auf Grund einer Individualvereinbarung regelmäßig planbar und wiederkehrend im Homeoffice arbeiten, müssen ihre Bereitschaft erklären, bei der Arbeit in der Dienststelle am Desksharing teilzunehmen.
Bei Neuanmietungen werden dem Sanierungsprogramm zufolge pauschale Flächenreduzierungen um bis zu 20% erwartet. Dieser Ansatz ist aus unserer Sicht völlig unrealistisch. Eine Flächenreduzierung durch Desksharing in diesem Umfang würde voraussetzen, dass mindestens 50% der Kolleg:innen für mindestens 2 Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten. Zudem müssten diese Tage auch noch gleichmäßig über die Woche verteilt werden, was vielfach schon daran scheitert, dass Organisationseinheiten einzelne Tage festlegen, an denen möglichst alle Kolleg:innen in Präsenz arbeiten.
Selbst für senatorische Dienststellen und andere Dienststellen mit wenig direktem Bürger:innenkontakt ist die Umsetzbarkeit dieser Zielvorgabe daher fragwürdig. Für Dienststellen mit Publikumsverkehr ist die Zahl schlicht abwegig.
Wenn der Senat dennoch solche Zahlen vorgibt, steht zu befürchten, dass, um mit dem unzureichenden Raumangebot umzugehen, Dienststellen organisatorisch unzweckmäßig auf unterschiedliche Liegenschaften verteilt werden, Standards der Arbeitsstättenverordnung nicht gehalten werden können oder Druck auf Kolleg:innen ausgeübt wird, auch gegen ihren Willen im Homeoffice zu arbeiten.
Der Gesamtpersonalrat sieht im Sanierungsprogramm des Senats und der darauf aufbauenden Ergänzungsmitteilung zu den Haushalten des Landes und der Stadtgemeinde Bremen den Versuch, die Lasten der Haushaltssanierung zu großen Teilen auf die Beschäftigten abzuwälzen. Das werden wir nicht hinnehmen. Und wir sind sicher, dass dieser Versuch auch keinen Erfolg haben kann. Die beabsichtigten Kürzungen verschlechtern absehbar nicht nur die Arbeitsbedingungen der Kolleg:innen im öffentlichen Dienst, sondern beeinträchtigen dessen Leistungsfähigkeit und damit auch die Lebensbedingungen der Bremerinnen und Bremer.